Tief unter der Erde: Einen Blick in die Röhre konnten die Besucher ebenfalls ergattern.
Zahlreiche Schaulustige kamen zum Tag der offenen Baustelle am Marienhof. © Stache (3)
So tief wie noch nie wird in München für die Zweite Stammstrecke gegraben: 45 Meter geht‘s am Marienhof für die Tunnelanlage nach unten. Die fußballfeldgroße Fläche der Deutschen Bahn war am Samstag von 10 bis 18 Uhr beim Tag der offenen Baustellen für Besucher geöffnet. München schaut in die Röhre – und wir waren dabei.
Was passiert hinter den meterhohen Bauwänden auf der Rückseite des Rathauses? Das wollte sich der Münchner Hausmeister Thomas Angerer (49) genau ansehen. Mit zahlreichen anderen Besuchern konnte er die Ebene -3 in rund 25 Metern Tiefe erkunden und dort den gerade fertiggestellten neuen Verbindungsstollen zur U-Bahn besichtigen. „Es ist unfassbar, die Baustelle so zu sehen, wenn man sich überlegt, wie es hier in ein paar Jahren aussehen wird“, erzählt Thomas Angerer danach beeindruckt.
Auch bei anderen war das Interesse groß: Nach den ersten beiden Stunden waren bereits 700 Besucher im Untergrund gewesen. Und sie erfuhren, wie am Marienhof 40 Meter unter der Erde ein Bahnsteig für U-Bahnen und auf etwa 27 Metern ein Verbindungstunnel in Richtung der Station Marienplatz geplant sind. Die Bohrungen zu diesem Tunnel begannen Mitte Januar. Vor ungefähr zwei Wochen war der Rohbau fertig. 50 Meter reicht der Tunnel jetzt.
An sich ist so eine Arbeit schon ein Großprojekt, doch der Münchner Boden macht es noch mal besonders schwer, wie die Besucher erfahren haben: Durch das viele Wasser in den Erdschichten entsteht ein hoher Druck, der droht, die Wände einbrechen zu lassen. Deswegen sind diese auch besonders konstruiert. Bei den Bohrungen haben die Arbeiter die Wand durchdrungen, weswegen sie das Wasser anders zurückhalten mussten. Dafür machten sie aus dem gesamten Bereich, in dem die Arbeiten stattfanden, eine Druckkammer mit einem Wert von einem Bar. Das ist so, als würde man auf etwa zehn Metern tauchen. Zum Schutz müssen die Arbeiter nach jeder Schicht in eine Dekompressionskammer.
Es gibt ein weiteres Problem: „Der Untergrund, auf dem unsere Baugrube steht, ist in München voller Wasser. Wir müssen die Grube beschweren, sonst schwemmt es sie wieder nach oben“, erklärt Sebastian Meyer von der Bahn. Deswegen füllen die Arbeiter die Grube mit einer fünf Meter hohen Betonschicht als Gegengewicht. Das ist der nächste Schritt, der zusammen mit weiteren Arbeiten im nächsten Jahr vollendet werden soll.
Das Mammutprojekt Zweite Stammstrecke – symbolisch gestartet am Marienhof im April 2017 – ist insgesamt elf Kilometer lang, sieben davon verlaufen im Tunnel. Im Dezember 2036 soll es fertig sein.NICK MANDEL