Der Beginn eines neuen Kalenderjahres ist ein Feiertag, aus gutem Grund: Die Seele muss sich einstellen und es braucht am 1. Januar auch Zeit, um sich jene genialen Vorsätze aufzuschreiben, die nach zwei Wochen wieder mal zu ehrgeizig waren.
Im Gegensatz dazu ist der erste Tag eines neuen Schuljahres kein Feiertag, auch wenn sich die Seele noch viel mehr darauf einstellen müsste. Sechs Wochen Ferien gehen brutal zu Ende, einfach so! Ich könnte jede Schüler-Demo verstehen, die vor die Staatskanzlei zieht und fordert, dass der erste Schultag Feiertag sein muss, zur eigenen Sammlung und Vorbereitung. Schlau wäre das schon: Wäre am ersten Schultag Feiertag, dann wäre der darauffolgende Tag der erste Schultag und der wäre wiederum Feiertag und so weiter und so fort. Das Schuljahr würde einfach nie beginnen. Ein Traum für alle Schüler und Lehrer, ein Albtraum für alle Eltern, denen eh egal ist, ob und was die Kinder lernen – Hauptsache, sie sind um spätestens halb acht aus dem Haus und frühestens um 15 Uhr wieder da.
So unterschiedlich Kalenderjahr und Schuljahr starten, eins haben sie gemeinsam: Es geht wieder los mit dem Alltag, tausend Dingen, die „man“ machen muss, tausend Anmeldungen und tausend Vorsätzen: Endlich besser werden in Mathe (beten die Eltern), Mathe auch dieses Jahr irgendwie überleben (denken sich die Schüler). Und auch die Verpflichtungen kommen aus dem Urlaub zurück: Die Steuererklärung parkt gut gelaunt direkt vor dem Haus und sagt „Da bin ich wieder“, der so lange hinausgezögerte Anruf bei der Krankenversicherung sitzt nach dem Aufwachen wieder neben dem Bett und sagt „Guten Morgen!“, und auch die Garage hat sich nicht von alleine aufgeräumt und begrüßt einen mit einem vorwurfsvollen „Hättest Du nicht irgendwann mal Zeit gehabt für mich?“. Zum Davonlaufen, denkt man sich, läuft davon und an der Ecke empfängt einen mit einem freundlichen „Servus“ die Erinnerung daran, dass man dem Sohn noch einen roten Umschlag fürs Matheheft kaufen muss, weil Mathe neuerdings rot ist und nicht blau. Oder war es umgekehrt?
Die Lösung für all das habe ich nun bei einem Gang durchs Stadtviertel entdeckt, in der Auslage eines kleinen Geschäfts. Ein Zettelblock, den man sich an die Wand hängen soll, die genaue Aufschrift weiß ich nicht mehr, aber sinngemäß: „Erledigungsliste für Sachen, die aber am Ende auch irgendwie wurscht sind“. Auf dem Rückweg dachte ich darüber nach: Was alles, was ich machen muss und mich echt stresst, ist am Ende vielleicht einfach irgendwie wurscht?
Zu Hause schnappte ich mir die am Kühlschrank befestigte To-do-Liste, schrieb auf ein leeres Blatt „Am Ende auch irgendwie wurscht“ und übertrug von der einen in die andere: „Neue Wischblätter Frontscheibe“: eigentlich auch irgendwie wurscht. „Neuer Kühlschrank!“ Auch irgendwie wurscht. Die alte, nervige To-do-Liste war plötzlich befreit vom Ballast der „Man müsste mal….“-Vorhaben. Und mit Zauberschrift standen da plötzlich wichtigere Dinge: mehr Zeit nehmen, Freunde treffen, Eltern besuchen, alles nicht so ernst nehmen.
Alles neu macht der September? Alles Stress? Muss nicht sein. „Werd‘ scho‘ alles irgendwie!“, sagt meine neue Liste und klopft mir beruhigend auf die Schultern.