Laut Experten fehlen in München die meisten Wohnungen in Deutschland. © Jens Hartmann
Krise total: In Westdeutschland fehlen inzwischen 1,2 Millionen Wohnungen! Das schätzt das Pestel-Institut für Forschung und Beratung auf der Grundlage neuer Studien. „Die Lage spitzt sich zu“, sagt Pestel-Chefökonom Matthias Günter. Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung meldet sogar: In München fehlen je zehntausend Einwohner 74 Wohnungen – das sind mehr als 11 000! Laut den Experten hemmt die Wohnungsnot inzwischen sogar die wirtschaftliche Entwicklung. Denn Arbeitnehmer schrecken vor einem Jobwechsel zurück, weil sie die Wohnungssuche fürchten. Wir haben vier Experten gefragt, was sie denken.
Zunächst einmal muss gebaut werden! „Der Wohnungsbau hat mit dem Zuzug in den letzten 20 Jahren nicht mitgehalten“, sagt Christian Müller, Geschäftsführer der Münchner Wohnen. „München wächst jährlich um 10 000 Einwohner. Ohne dass wirklich viel gebaut wird, bekommt man das Thema nicht in den Griff.“ Dafür müssten mehr Bauflächen ausgewiesen werden, so Müller, und Nachverdichtung einfacher möglich sein. Als zweite Maßnahme sieht Müller eine Veränderung in der Art der gebauten Unterkünfte. „Die Stadt muss sich mehr auf kommunalen Wohnungsbau konzentrieren, also geförderte Wohnungen und Mietwohnungen. Denn eine Eigentumswohnung kann sich in München kaum jemand mehr leisten. Die Menschen brauchen Mietwohnungen über viele Dekaden.“
„Zuverlässige Gelder für geförderten Wohnungsbau“, wünscht sich Jürgen Büllesbach, Geschäftsführer von Opes Immobilien. „Wer in diesem Segment investiert, erhält weder dieses noch nächstes Jahr Zuschüsse“, sagt er. Das sei verhängnisvoll, denn wenn den Bauträgern das Geld fehlt, könnten sie oft auch keine frei finanzierten Wohnungen bauen. Seiner Meinung nach muss die Baubranche auch schneller und flexibler auf wirtschaftliche Entwicklungen reagieren können. „Stattdessen legt die Stadt die Regeln der sozialen Bodennutzung (Sobon) für sechs Jahre fest. So wird sich nichts ändern.“
„Die massiven Sobon-Hürden müssen gesenkt werden“, findet auch Josef Schmid (CSU), der im Landtagsausschuss für Wohnen, Bau und Verkehr sitzt. „Derzeit sind Bauträger gezwungen, 60 Prozent der Fläche für geförderten Wohnungsbau zu planen, und bei den frei finanzierten Wohnungen müssen 20 Prozent Mietwohnungen sein. Das muss man politisch korrigieren.“ Laut Schmid gibt es dafür bereits eine Beschlussvorlage der Stadtbaurätin. Auch Schmid will mehr Flächen in der Stadt erschließen und „auch in die Höhe bauen.“
„Es braucht mehr Miteinander zwischen Wohnungsbaugesellschaften, Genossenschaften und privater Bauwirtschaft“, sagt Kristina Frank, Chefin der Baunova, „Lange Studien und Planungen darf es nicht mehr geben.“ Das Ziel: „Kreativere, schnellere Lösungen in allen Bereichen der Wohnungswirtschaft zulassen – von der Planung über die Genehmigung und die Finanzierung bis hin zum Bau.“ISABEL WINKLBAUER