Der Parkpetzer packt aus

von Redaktion

Gehweg-Zoff: Warum ein Münchner massenhaft Autofahrer anzeigt

Martin P. möchte nur anonym über seine Anzeigen sprechen. © privat

Gehwegparkern mangelt es oft an legalen Plätzen. © A. Schmidt

Der Ärger ums Parken nimmt kein Ende: Grüne und ÖDP wollen, dass das über viele Jahre geduldete Parken auf Gehwegen angezeigt wird, die CSU stellt sich hingegen gegen „Denunziantentrupps“, die Falschparker auf Internetportalen melden. Wir haben einen Münchner gefragt, warum er die Polizei ungefragt und anonym unterstützt: Martin P. (Name geändert) würde so mancher als „Petzer“ bezeichnen, er selbst sieht sich als engagierten Bürger.

Herr P., warum melden Sie Gehwegparker auf Falschparkerportalen? Manche nennen es petzen …

Seit ich vor eineinhalb Jahren eine gute Freundin kennenlernen durfte, die im Alltag auf einen Rollstuhl angewiesen ist, wurde ich ganz neu für den Umgang mit den schwächsten Verkehrsteilnehmern sensibilisiert. Man sollte eher von einem Einsatz für Barrierefreiheit und Gleichberechtigung sprechen, statt von petzen, und damit von bürgerschaftlichem Engagement. Ich erziele durch diese Anzeigen keinen Vorteil für mich.

Ist Ihnen Aufwand und Zeit nicht zu viel?

Nein. In Deutschland haben Autofahrer sich zu lange dank einer starken Lobby über geltendes Recht hinwegsetzen können, teils mit Duldung durch die Ordnungsämter der Städte. Ich sehe vielerorts, wie Autos abgestellt werden, um ja keine Behinderung für den Verkehr darzustellen und deshalb auf den Gehweg ausgewichen wird – wobei verkannt wird, dass auch der Fußverkehr zum Straßenverkehr gehört und dieser dadurch massiv behindert oder gefährdet wird.

Ist in der Realität nicht oft Platz für alle? Gehwegparker werden oft aus Not zu Falschparkern.

Falschparker stehen meist auf Gehwegen, die eine Breite von 1,50 Meter aufweisen – die Seitenlänge des Quadrats, das man laut DIN-Norm Rollstuhlfahrern zum Wenden zugesteht. Die Wege werden teils so weit durch Falschparker zugestellt, dass selbst ich als Passant nicht mehr problemlos zwischen Außenspiegel und Hauswand oder Hecke durchkomme. Für Personen mit Rollator oder im Rollstuhl kommt das einer Nötigung gleich, auf die gefährliche Fahrbahn auszuweichen.

Wohnen Sie in München? Manche Anwohner, auch Fußgänger, wünschen sich, dass Auswärtige durch Anzeigen nicht den Viertelfrieden zwischen den Verkehrsteilnehmern stören.

Ja, ich wohne in München. Um mal mit dem Egoismus zu antworten, der sonst häufig von Autofahrern beansprucht wird: Warum sollte ich zurückstecken, wenn ich durch Falschparker behindert werde?

Wo sollen Anwohner parken, wenn es keine andere Möglichkeit gibt als den halben Gehweg? Es wird ja geduldet, etwa in Laim.

Ich stelle die Annahme, dass der Parkplatz wirklich gebraucht wird, infrage. Die Mehrheit an Falschparkern fällt mir werktags tagsüber auf. Das heißt, diese Autos sind nicht unabdingbar für den Weg zur Arbeit, sondern könnten abgeschafft werden. In Laim gibt es jetzt vermehrt Parkplätze für Carsharing. Anstatt auf solche Angebote auszuweichen und sich zu freuen, immer freie Plätze zu finden, wird nur gemeckert, dass wieder Parkplätze „weggefallen sind“.

Für Kleingewerbetreibende, gehbehinderte Senioren oder Familienmütter mit Getränkekästen ist Carsharing eher indiskutabel.

Wer nicht auf Carsharing umsteigen will, dem bietet der MVV ein gut ausgebautes Netz. Oder man wechselt aufs Radl oder Lastenrad. Mit dem man zu Hauptverkehrszeiten übrigens häufig schneller am Ziel ist als mit dem Auto, mit dem man doch nur im Stau auf dem Mittleren Ring steckt.

In der Realität wird es immer Privatautos geben. Wo sollen sie hin?

Es gibt in Tiefgaragen von Wohnanlagen Parkplätze zu mieten. Zudem haben entlang der Fürstenrieder Straße einige Läden ihr Parkhaus. Da könnte man nach der Möglichkeit des Feierabendparkens fragen, also die Parkhäuser nutzen, wenn die Geschäfte geschlossen haben. Dass dies nicht kostenlos möglich sein wird, sollte verständlich sein. Aber Falschparken auf dem Gehweg ist auch nicht für umsonst zu haben.

INTERVIEW: I. WINKLBAUER

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