Was passiert hinter dieser Fassade?

von Redaktion

Wohnungen stehen leer – Politiker beklagen Nachlässigkeit der Stadt beim Thema

Baumaterialien im Treppenhaus, Graffiti an der Wand: Die Linke fordert zum Handeln auf. © Fotos: Isabel Winklbauer

„Es ist schwer zu begreifen“, sagt Agnes Fuchsloch vom Arbeitskreis Mieten und Wohnen der Linken-Stadtratsfraktion. „Einerseits herrscht Wohnungsnot, andererseits stehen ganze Mietshäuser leer und verrotten. Insgesamt gibt es 22 000 Wohnungen in München, die ein Zuhause für Wohnungssuchende werden könnten! Doch niemand zieht ein.“

Gestern lud die Linken-Stadtratsfraktion zum Ortstermin. Schauplatz Baaderstraße 61: Ein fünfstöckiges Haus mit fünf Fünf-Zimmer-Wohnungen und einem Hinterhaus steht seit Jahren leer und verfällt. Antonia Wolf, Unterstützerin der Linken, ist darin aufgewachsen und erzählt: „Vor einigen Jahren wurde das Haus an einen neuen Eigentümer verkauft. Seitdem wurden die Mieter teils wegen Eigenbedarfs gekündigt, teils kalt entmietet. Meine Mutter, die im vierten Stock wohnte, musste auch ausziehen.“ Jetzt sind noch zwei Wohnungen belegt, im Treppenhaus türmen sich Baumaterialien und Müll. Vor einiger Zeit habe es Anzeichen einer Sanierung gegeben, so Wolf, doch die hätten plötzlich geendet.

Unsere Zeitung sprach mit dem Eigentümer. Er sagt: „Wir haben ganz normal angefangen zu sanieren, der Heizungsbauer hat schon Rohre gelegt. Doch dann hat sich plötzlich die Lokalbaukommission gemeldet – und wir mussten alles stoppen. Alle Genehmigungen wurden überprüft. Ein Schlitz, den wir zu den Gasleitungen in der Brandschutzmauer geöffnet hatten, wurde bemängelt, die Wohnnutzung eines Trockenspeichers, ein fehlender Stellplatz für die Feuerwehr und ein fehlender Stellplatz für ein Lastenfahrrad im Hinterhof – obwohl man dorthin nur über Treppenstufen kommt! Die Stadt hat unsere Pläne durchkreuzt. Jetzt geht alles unendlich langsam, vor allem weil neue Handwerkertermine schwer zu bekommen sind.“

Das Haus wurde 1879 errichtet und steht unter Denkmalschutz. Christian Schwarzenberger (Linke): „Viele Eigentümer lassen Häuser leer stehen, weil sie auf steigende Bodenpreise spekulieren. Ohne Mieter muss man sich nur zurücklehnen und kann mit 20 Prozent Wertsteigerung rechnen.“ Andere spekulierten darauf, dass ihr Haus so stark verfällt, dass es unsanierbar wird und somit trotz Denkmalschutz abgerissen werden muss – so würde ein Neubau möglich.

Für Linken-Fraktionschef Stefan Jagel ist klar: „Die Stadt muss hier mehr Druck ausüben! Sie schafft es jedes Jahr nur, zwei Prozent des Leerstands zu bekämpfen.“ Seine Fraktion fordere die Stromzählermethode: Wenn ein Haus länger keinen Stromverbrauch hat, forscht das Sozialreferat, ob Leerstand herrscht. Eine andere Methode sei, das Instandsetzungsgebot besser durchzusetzen, das das Baugesetzbuch vorschreibt. „Die Stadt saniert dann das betreffende Haus und schickt die Rechnung an den Investor.“

Die Linke selbst hat einen Leerstandsmelder geschaffen. Unter linke-gegen-leerstand.de kann man leer stehende Wohnungen melden.I. WINKLBAUER

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