KVR-Skandal weitet sich aus

von Redaktion

Illegale Papiere für Vietnamesen? Neue Ermittlungen

Kreisverwaltungsreferentin Hanna Sammüller. © M. Schlaf

Korruption im KVR? Die Polizei ermittelt erneut im Umfeld der Ausländerbehörde. © SIGI JANTZ

Der Korruptions-Skandal im Kreisverwaltungsreferat (KVR) weitet sich aus: Laut Staatsanwaltschaft München I gab es jetzt neue Festnahmen. Am Donnerstag stürmten 30 Polizisten mit drei Staatsanwälten mehrere Wohnungen in München und in der Nähe von Augsburg.

Der Grund: Laut Sprecherin Juliane Grotz ermittelt die Staatsanwaltschaft seit April gegen zwei Männer und zwei Frauen. „Den Beschuldigten liegt jeweils gewerbs- und bandenmäßiges Einschleusen von Ausländern in einer Vielzahl von Fällen zur Last.“ In einer Wohnung beschlagnahmten die Ermittler neben Unterlagen, Handys und Computern rund 100 000 Euro in bar – die Beute ihrer illegalen Geschäfte?

Laut Grotz betrifft es wieder die Ausländerbehörde – schon im März gab es dort eine Razzia in einem anderen Fall (wir berichteten). Diesmal soll eine Mitarbeiterin vor allem Vietnamesen gegen Geld eine Aufenthaltsbescheinigung besorgt haben. Es gehe um „rund 40 Fälle“. Laut Staatsanwaltschaft sitzen zwei der Verdächtigen – eine Frau und ein Mann – jetzt in U-Haft.

Die KVR-Mitarbeiterin ist unter Auflagen wieder auf freiem Fuß. Gegen sie wird auch wegen Bestechlichkeit und gewerbs- und bandenmäßiger Urkundenfälschung ermittelt. Sie soll von November 2024 bis März 2025 gegen Geld Aufenthalts- und Fiktionsbescheinigungen erstellt haben. Die anderen drei sollen Kunden vermittelt haben.

Schon im März hatten Polizei und Staatsanwaltschaft die Ausländerbehörde wegen des Verdachts der Bestechung durchsucht. Damals waren sechs Menschen unter Verdacht. Im August wurden drei von ihnen angeklagt. Nach Informationen unserer Zeitung waren deren Kunden aber keine Vietnamesen, sondern Menschen aus dem arabischen Raum, dem Balkan und Osteuropa. Das ging laut den Ermittlern von 2022 bis Januar 2024 so, dabei bekamen die Verdächtigen auch Handtaschen, Reisen und Limousinenfahrten für ihre illegalen Dienste. Im März 2025 wurden sie geschnappt.

Damals hatte KVR-Chefin Hanna Sammüller (Grüne) die Machenschaften selbst angezeigt. Auch dieses Mal habe das KVR laut Sprecherin nach internen Ermittlungen Stadt und Staatsanwaltschaft eingeschaltet.

Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) verlangt jetzt Aufklärung. Er habe die Kreisverwaltungsreferentin beauftragt, „schnellstmöglich zu ermitteln, wie sich der Sachverhalt darstellt und wie es, wenn die im Raum stehenden Vorwürfe zutreffen, erneut zu derartigen Handlungen kommen konnte – und warum die bereits getroffenen Maßnahmen dies offenbar nicht verhindern konnten“.

Reiter habe den zuständigen Zweiten Bürgermeister Dominik Krause (Grüne) und Sammüller jetzt damit beauftragt, „umgehend eine Arbeitsgruppe ins Leben zu rufen, die Strategien entwickelt, um zumindest in Zukunft zu vermeiden, dass sich derartige Fälle ein weiteres Mal wiederholen“.THOMAS GAUTIER

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