Der ganze Partykeller ist mit Gruseldeko ausstaffiert.
Die Nachbarskinder können kommen: Ben und Stefanie Schmid an ihrer Grusel-Haustür.
Eine Halloween-narrische Familie: Ben und Stefanie Schmid mit ihren Kindern Basti und Emmi lieben das Gruselfest. © Markus Götzfried (3)
Hier tobt die Geisterbahn im Vorgarten: Eine Clownspuppe mit schiefen Zähnen, abgehacktem Fuß und strubbeligen Haaren hockt im Gartenstuhl. Plötzlich wackelt sie, ihre Augen blinken rot und sie haucht schaurige Sätze wie: „Ich krieg’ dich in deinen Alpträumen.“ Dann spukt ein Gespenst an der Mülltonne, im Grill liegen Menschenknochen herum. „Eigentlich wollten wir heuer kein bestimmtes Motto machen“, sagt Ben Schmid, der ein Kostüm mit Kragen und Bommelknöpfen trägt. „Aber dann haben wir uns doch für Clowns entschieden.“ Horror-Clowns.
Denn es ist Halloween, und wie jedes Jahr um diese Zeit läuft Familie Schmid aus Berg am Laim heiß. Ben, Stefanie, Basti (13) und Emmi (6) rüsten sich für die vielen Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen, die am Halloween-Abend als Vampire, Skelette oder Hexen verkleidet und mit Tüten um die Häuser ziehen, klingeln und „Süßes oder Saures“ rufen. Es werden immer mehr Leute, die am 31. Oktober in München herumgeistern. „Der Ansturm hat in den letzten Jahren brutal zugenommen“, erzählt Stefanie Schmid. Längst hat sich Halloween, ein Brauch, der aus Irland stammt und in den USA fest verankert ist, auch bei uns zum absoluten Muss etabliert.
Die Schmids stört der ganze Rummel in der Siedlung nicht. „Uns macht das total Spaß“, meint Ben Schmid. „Es ist wie gruseliger Fasching.“ Angefixt von Halloween-Folgen US-amerikanischer Serien, fingen die Schmids vor zehn Jahren an, ihr Haus zu dekorieren. „Wir haben uns immer mehr gesteigert“, sagt der 44-Jährige. Sie kauften Accessoires, bekamen Spinnweben, Masken, Sägen geschenkt. Sie hatten schon das Motto blutrünstige Chirurgen, Hexen oder Día de los Muertos, also das mexikanische Totengedenken.
Inzwischen sei eine richtige Challenge daraus geworden: Wer die beste Grusel-Deko in der Nachbarschaft hat. Bei den Schmids steigt an Halloween stets eine Party. Gut 40 Gäste drängen sich dann im heimischen Partykeller, neben Pestmasken, Totenkopfgläsern und Frida Kahlo als Skelett im Pünktchenkleid. Zwischendurch geht Mama Stefanie mit den Kindern im Viertel rum, um Süßigkeiten einzusammeln. Es lässt sich leicht ablesen, in welchen Häusern es was zu holen gibt. Gängiges Erkennungszeichen: ein leuchtender Kürbis mit Fratze vor dem Eingang. Papa Ben hat derweil Türdienst, verteilt Gummibärchen, Schoko und Bonbons. Seine Frau berichtet: „Wir kaufen jedes Jahr mehr, aber es reicht nie.“
Sehr zur Freude des Einzelhandels: Laut dem Handelsverband Deutschland (HDE) steigt zum Gruselfest die Konsumlaune. „Der Einzelhandel in Deutschland kann sich auch in diesem Jahr zu Halloween wieder über mehr als 500 Millionen Euro zusätzlichen Umsatz freuen“, prognostiziert der HDE. Dabei bleibe die Zahl der Menschen, die Ausgaben zu Halloween plant, nahezu gleich, bei 15,2 Prozent. Insgesamt seien die Ausgaben in den letzten Jahren deutlich gestiegen: So liegen die Umsätze aktuell um gut 63 Prozent höher als noch 2019. Im Mittelpunkt stünden heuer Einkäufe für Süßwaren, Lebensmittel und Haushaltsartikel. Aber auch Dekoartikel und Kostüme rangieren weit oben.
Die Schmids haben sich ebenfalls neue Kostüme gekauft, heuer natürlich im Clowns-Look, inklusive Metzgermesser, Pistole und Axt. Für die Gesichter gibt’s tolle Tattoos: So krabbeln auf Emmis Backen schwarze Spinnen. Einmal hat sich die Sechsjährige übel erschreckt: „Da waren lebende Geister im Nachbargarten.“ Ansonsten liebt die Erstklässlerin die gruselige Gaudi. Doch ein bisschen Ernst darf an Halloween, immerhin dem Abend vor Allerheiligen, nicht fehlen. „Wir stoßen da auf die Toten aus der Familie an“, erzählt Ben Schmid. Es ist ein Tag, an dem Traditionen verschwimmen: „Die Lebenden und Toten kommen zusammen.“ MARLENE KADACH