Teures Pflaster: Viele Altstädter sind überschuldet. © Axel Haesler
Die Zahl der überschuldeten Münchner ist zum zweiten Mal in Folge gestiegen. Zu diesem Ergebnis kommt der neue Schuldneratlas, den die Wirtschaftsauskunftei Creditreform jährlich für ganz Deutschland herausgibt. Brisant: Auch Münchnern in guten Lagen geht’s nass nei.
Aktuell haben 97 772 Münchner Probleme, ihre Zahlungen zu leisten, Rechnungen zu begleichen, Kredite zu bedienen oder kämpfen im schlimmsten Fall sogar mit juristischen Konsequenzen (Vorjahr: 94 036 Personen). Die Zahl der Überschuldungsfälle erreicht den höchsten Stand seit 2021.
Philipp Ganzmüller, Geschäftsführer der Creditreform München, erklärt, warum mehr Münchner Geldsorgen haben. „Viele Haushalte in München geraten durch die steigenden Lebenshaltungskosten zunehmend in finanzielle Schwierigkeiten. Zudem greift die Wirtschaftskrise auf den Arbeitsmarkt über. Arbeitslosigkeit gilt als wichtiger Auslöser von Überschuldungsprozessen.“ Die bislang gut situierte Mittelschicht mit soliden Jobs gerät ins Wanken. „Man sieht in München, dass in Vierteln, die bislang, was die Überschuldung betrifft, eher unauffällig waren, die Schuldnerzahlen ansteigen. Das sind weniger Brennpunkte, sondern Stadtteile wie Daglfing und Aubing.“
Miete, Strom, Lebensmittel: In München ist das Leben am teuersten in Deutschland. Das besagt der neue Regionale Preisindex des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) für 2024. In der Landeshauptstadt lagen die Wohn- und Lebenshaltungskosten 23 Prozent über dem Durchschnitt.
Der Negativ-Trend findet sich auch in den Stadtteilen wieder. Nur fünf von 47 Gebieten verzeichnen laut Creditreform einen Rückgang der Überschuldungsquote. Den stärksten Anstieg meldet die Altstadt. Hinter schmucken Häuserzeilen wohnt die Geldnot: Mehr als 13 Prozent der erwachsenen Einwohner gelten in der Altstadt als überschuldet. Ein Grund für den hohen Wert: „In der Altstadt wohnen sehr wenige Menschen im Vergleich zur Fläche. Es gibt dort verschiedene karitative Einrichtungen wie Obdachlosenheime, Frauenhäuser und sozial geförderten Wohnraum. Das hat eine hohe Deckungsgleichheit mit finanziellen Problemen.“ 1008 Schuldner gibt es in der Altstadt. In Schwabing-West wurden 3014 Schuldner gezählt, die Schuldnerquote ist in dem dicht besiedelten Viertel aber viel geringer – 4,97 Prozent.
Die kleinste Schuldnerquote hat Obermenzing, gefolgt von Daglfing und der Au. Aber: „Auffällig ist, dass alle zehn Stadtteile mit den niedrigsten Werten derzeit eine Zunahme der Überschuldung verzeichnen“.DANIELA POHL