MÜNCHNER FREIHEIT

Weltstadt ohne Welle

von Redaktion

Phil Connors erging es ähnlich. Die Hauptfigur aus dem Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“ wurde zu Beginn der Geschichte dazu verdammt, denselben Tag wieder und wieder zu erleben. Warum? – Keine Ahnung! Aber es ist lustig. Die Stadt München hat vor Kurzem ein ähnlicher Fluch getroffen, scheinbar grundlos und ziemlich skurril: Über Nacht ist die Eisbachwelle verschwunden, der Touristenmagnet, der Schäfflertanz in cool.

Dieser Verlust kratzt am Selbstbild der Münchner. Wie gerne hat man doch Besucher in die Prinzregentenstraße geführt! Die Eisbachwelle galt als plätschernder Beweis für die Lässigkeit der Landeshauptstadt. München war der Steve McQueen unter den Metropolen. Aber jetzt, so ohne Welle, gleicht die Stadt eher Heinz Erhardt.

Am Land versteht man nicht, warum die Münchner so eine Welle um ihre Welle machen. Aber man stelle sich das mal an anderen Orten vor! Was, wenn über Nacht das Schloss Herrenchiemsee verschwände? – Sinnlos schwappte der Chiemsee um eine leere Insel herum. Oder wenn es urplötzlich die Alpen nicht mehr gäbe? – Man hätte zwar freien Blick auf den Schiefen Turm von Pisa. Aber manch einer würde sich vielleicht fragen: Wohin mit all den Aufklebern, wenn es keine Gipfelkreuze mehr gibt? Und das ist nur eines von vielen massiven Problemen ohne Bergmassiv.

Natürlich, im Vergleich zu Herrenchiemsee ist München klar im Vorteil: Es gibt hier durchaus noch Zweit- und Dritt-Sehenswürdigkeiten. Die Weltstadtohne Welle hatimmer nochMuseen, Theater und einen recht erfolgreichen Foodblogger, der im Nebenerwerb als Ministerpräsident jobbt.

Auch der Münchner Grant gilt als Touristenattraktion, ebenso ein Schild in der Pestalozzistraße, auf dem der Straßenname falsch geschrieben ist. Was aber, wenn der Fluch noch weitere Münchner Sehenswürdigkeiten verschwinden lässt? Man bedenke: Vom Oktoberfest sieht man im Moment auch nur noch letzte Reste. Und beim TSV 1860 München kann man sich nie ganz sicher sein.

Im Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“ entrinnt Phil Connors seinem Fluch, indem er ein besserer Mensch wird. Das wäre vielleicht einen Versuch wert, liebe Münchner: einfach mal nett zueinander sein! Einen Kuchen backen für den Nachbarn! Oder ausnahmsweise mal nicht mit dem Auto in die ohnehin schon verstopfte Kreuzung einfahren! Vielleicht käme dann die Welle wieder. Andererseits: Wären plötzlich alle Münchner nett, dann wäre das ja das Ende des Münchner Grants. Die Münchner hätten womöglich ihre Eisbachwelle zurück, aber eine andere Attraktion verloren.

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