Schießlers neue Kirche

von Redaktion

Evangelisches Gotteshaus in Bogenhausen nimmt Sankt Maximilian auf

Markant: Die Kirche Sankt Maximilian an der Isar.

Die Nazarethkirche in Bogenhausen: Hier wurde kürzlich der letzte Gottesdienst gefeiert. Jetzt kommt Pfarrer Schießlers Gemeinde dort unter. © O. Bodmer, y. thedens, m. schlaf

Hilfe über alle Konfessionsgrenzen hinweg – diese Geschichte geht ans Herz. Es geht um Pfarrer Rainer Maria Schießler (65) und seine katholische Gemeinde Sankt Maximilian – diese ist aktuell wegen der Kirchensanierung quasi heimatlos. Jetzt aber gibt die evangelische Nazarethkirche in Bogenhausen den Katholiken Herberge. „Ein grandioses Zeichen ökumenischer Freundschaft“, freut sich Schießler.

Wie berichtet hatte Sankt Maximilian heuer an Ostern den vorerst letzten großen Gottesdienst in ihrer Kirche im Glockenbachviertel gefeiert. Sie musste „aus Bausicherungszwecken“ schließen. Seitdem konnte Schießler nur alle zwei Wochen in St. Anton oder in der kleinen Korbinianskapelle Messen und Andachten feiern.

Die Protestanten in Bogenhausen mussten einen noch viel traurigeren Abschied nehmen: Das Dekanat München kann sich den Unterhalt der unter Denkmalschutz stehenden Nazarethkirche nicht mehr leisten, sie soll verkauft oder per Erbpacht vergeben werden – bis dies passiert, kann es dauern. Heuer im September berichtete unsere Zeitung vom allerletzten Gottesdienst. Das große Kreuz wurde mit einem Tuch verhüllt, die Kerzen ausgeblasen. „Es fällt uns allen schwer“, sagten weinende Gläubige. Für Generationen war die Nazarethkirche seit ihrer Einweihung 1962 Heimat.

Doch genau dies führte zu der schönen Wende: Stephan Alof, Kirchenpfleger in Sankt Maximilian, las unseren Artikel mit dem Titel „Der letzte Gottesdienst“. „Ich hab mir gedacht, da steht nun eine Kirche leer, vielleicht wären die bereit, uns aufzunehmen?“ Alof wandte sich an Stefan Neukamm, den Bauleiter am Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeindeamt München. Und der konnte den Weg frei machen – ganz pragmatisch, sagt Neukamm: „Wir wollten einfach helfen.“

Pfarrer Schießler ist glücklich. „Wir haben nur gefragt: Wir hätten gerne Asyl bei euch – und wurden mit offenen Armen empfangen. Da gab es keinerlei Berührungsängste von wegen: Hui, ihr seid doch Katholiken. Ist das nicht schön? So gehen Christen unterschiedlicher Konfessionen in München miteinander um!“

Binnen weniger Tage sei ein Nutzungsvertrag ge- und unterschrieben worden. Befristet bis Juni – solange wird das „Asyl“ wohl benötigt. Am ersten Advent, dem ersten Tag des neuen Kirchenjahres, wird Schießler die erste katholische Messe in der evangelischen Kirche feiern. Konzerte, Events, auch die Feiern, die Sankt Maximilian so besonders machen, wie die Viecherlmesse, können dann dort stattfinden.

Pfarrer Schießler hofft, dass seine Schäflein gerne den Weg nach Bogenhausen gehen. Und selbstverständlich werden auch alle evangelischen Christen willkommen sein. ANDREA STINGLWAGNER

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