Die Pläne für den Neubau der Großmarkthalle sind vom Tisch. © Rothuber
Wenn ich mal nicht weiter weiß, gründe ich einen Arbeitskreis. Beim Thema Großmarkt in München ist genau das passiert. Der Stadtrat hat gestern zugestimmt, einen runden Tisch einzurichten. Dort sollen Händler und Vertreter der Stadt – unter Federführung von Bürgermeisterin Verena Dietl – Ideen entwickeln, wo ein Großmarkt entstehen kann. Und was dann – sollte der Standort in Sendling aufgegeben werden – mit der Fläche passiert, ob sie nicht besser für den Wohnungsbau, ein neues Quartier gar, genutzt werden kann. Nötig geworden war der Beschluss, nachdem sich Investor Ralf Büschl („Paketposthalle“) überraschend aus dem Großprojekt Neubau Großmarkthalle zurückgezogen hatte.
Die Idee, das Areal für den Wohnungsbau zu nutzen, komme 16 Jahre zu spät, schimpfte FDP-Chef Jörg Hoffmann. 2009 hätten die Liberalen genau das eben beantragt. „Damals schon standen ganze Fichtenwälder in den Kellern, um die Hallen zu stützen. Und man hat uns gesagt, das geht allenfalls noch drei Jahre gut.“ Wenn nun das Areal neu gedacht werde, solle auch die Möglichkeit in Betracht gezogen werden, dort in Sendling ein Kulturviertel zu errichten – als Alternative zum Konzertsaal im Werksviertel und zur Sanierung des Gasteigs. Auch das hatte die FDP bereits beantragt.
Die CSU favorisiere weiterhin einen Großmarkt in Sendling, sagte Stadtrat Andreas Babor. Schließlich habe das Gelände mit dem Lebensmittelhandel entsprechend Charme. Es sei jedoch richtig, sich mit Varianten zu beschäftigen, falls der Standort aufgegeben werden müsste. Grünen-Stadtrat Christian Smolka entgegnete: „Ich finde, Charme kann sich deutlicher zeigen – in bezahlbarem Wohnraum vor Ort.“
Ein weiteres Problem an dem zentralen Standort in Sendling: Der Schwerlastverkehr, den der Großmarkt rund um die Uhr anzieht und der in Sendling oberirdisch geführt wird. „Jetzt muss alle Energie in eine neue Standortsuche am Stadtrand oder außerhalb der Stadtgrenzen fließen. Dort kann ein Warenumschlagplatz sinnvoller angesiedelt werden als in einem dicht besiedelten Innenstadtviertel.“
CSU-Chef Manuel Pretzl schimpfte, die Grünen betrieben Pippi-Langstrumpf-Politik: „Ihr macht Euch die Welt, wie sie Euch gefällt.“ Seit 20 Jahren hätten alle Fraktionen schon beantragt, einen Alternativstandort für den Großmarkt zu suchen. „Komischerweise hat niemand einen neuen gefunden.“
Dietl: „Wir hätten uns einiges anders vorgestellt, aber es ist nun, wie es ist.“ Sie sehe die Chance, hier noch mal anders zu denken – in einem Prozess, der ergebnisoffen sein sollte. „Dazu gehört selbstverständlich, dass wir mit den Händlern sprechen und auch die Menschen aus den Bezirksausschüssen einbeziehen.“ S. KAROWSKI