Eine Talfahrt an der Seilrutsche der Feuerwehr vom Alten Peter herab – das Foto in der Dienstagausgabe dieser Zeitung zog mich in seinen Bann, elektrisierte mich geradezu. Das würde ich auch gern erleben, dachte ich – bis ich den Text las. Jetzt weiß ich: Um in den Genuss eines solchen Abenteuers zu kommen, müsste ich droben im Turm eine Treppe hinunterstürzen und mich so schwer verletzen, dass ich liegend transportiert werden muss. Denn was ich da auf der Aufnahme sah, war keine Übung, sondern ein Ernstfall. Und nein, mit der Patientin, die da aus dem geschichtsträchtigen Turm gerettet wurde, möchte ich nicht tauschen. Ich kann nur hoffen, dass es ihr schon besser geht. Und klar ist: Für Gesunde macht die Feuerwehr so etwas nicht.
Warum eigentlich? Was die Höhenretter von Münchens berufsmäßiger Alleskönner-Truppe da im Einsatz in kürzester Zeit möglich machen, lässt Jochen Schweizers Abenteuerfabrik alt aussehen. Neben dem schwebenden Abgang von Münchens ältestem Wahrzeichen wirkt der Flying Fox im Olympiastadion wie ein Kinderkarussell.
Solche Fähigkeiten braucht die Stadt – gerade jetzt. Die Stadtkasse ist leer, die Zukunft der Benko-Ruinen ungewiss, und jetzt ist mit der Eisbachwelle auch noch eine der international bekannten Attraktionen der Stadt verschwunden. Wenn das kein Notfall ist!
Nun kann die Feuerwehr zwar weder mit ihren Hochleistungspumpen die Stadtkasse füllen, noch liegt es in ihrer Hand, wie lange das Bild der Innenstadt noch von Bauruinen geprägt ist. Aber Ersatz für die verlorene Attraktion und damit neue internationale Beachtung könnte die Höhenrettungstruppe schaffen – mit Europas längster Flying-Fox-Seilrutsche.
Von der Laterne oberhalb der Uhren des Alten Peter in etwa 80 Metern Höhe geht’s zunächst in rasanter Fahrt quer über Fußgängerzone und Stachus aufs Dach des Justizpalasts. Dort machen die Adrenalin-Junkies kehrt und sausen in immer noch luftiger Höhe mit einem Zwischenstopp an der Theatinerkirche auf die Terrasse zu Füßen des Friedensengels zu. Danach geht’s über die Isar zurück zum Isartor. Die letzte Etappe führt langsam, mit nur noch geringem Gefälle und wenige Meter über dem geschäftigen Treiben im Tal, zum Ziel: einem der unteren Fenster des Alten Rathausturms. 4,6 Kilometer mit Großstadt-Kulisse, bei schönem Wetter zudem ein einzigartiger Blick auf die Alpenkette – so etwas gibt es nirgendwo sonst. Egal ob es Wissenschaftlern nun gelingt, die Eisbachwelle wieder hervorzulocken – München wäre international wieder im Gespräch. Der Tourismus würde laufen, nun ja: wie am Schnürl, und die Stadtkasse füllen.
Und sollte einer der Flying-Fox-Abenteurer einmal unterwegs hängen bleiben: keine Sorge! Für den Fall haben wir ja die Höhenretter der Feuerwehr.