Bei Tambach floh der Passagier in den Wald. Taxler Ahmad (u.) verfolgte ihn – ohne Erfolg. Die Fahrt begann Samstagabend an der Allianz Arena. © privat, dpa
Wer glaubt, das Spiel des FC Bayern gegen St. Pauli mit den beiden späten Toren zum 3:1-Sieg war ein Thriller, der sollte diese Geschichte lesen. Sie handelt vom Taxler Ahmad Khalf (32) und seinem 21-jährigen Passagier aus der oberfränkischen Provinz nahe Coburg. Rund 270 Kilometer hatte Khalf den jungen Mann am Samstagabend von der Allianz Arena nach Tambach gefahren, einem Ortsteil von Weitramsdorf westlich von Coburg. Macht 754 Euro. Und jetzt die Blutgrätsche: Der Mann zahlte nicht, sondern floh in den Wald.
„Er ist ausgestiegen und hat seine Jacke als Bezahlung auf die Straße gelegt“, erinnert sich der Münchner, der 2015 aus Syrien kam, an die zweitlängste Taxifahrt seines Lebens – die längste war in die Schweiz. Aber damals gegen harte Währung. „Dann rannte er davon, ich hinterher.“ Aber nicht lange, Ahmad sprintete zum Taxi zurück, ein Benz E-Klasse von 2023, und nahm die Verfolgung auf vier Reifen statt zwei Füßen auf. Doch dann floh der Zechpreller ins tiefe Abseits: den dunklen Wald von Tambach. In der Stoffjacke war übrigens nichts. Kein Geldbeutel, keine Ausweise, nichts.
Zum Glück hatte Ahmad auf eigene Kosten eine Dashcam in seinem Taxi installiert (siehe Kasten). Zwei alarmierte Polizei-Streifenwagen erhöhten den Druck, zwei Stunden lang, doch ohne Erfolg – auch ein Spürhund verlor die Fährte. Die SD-Karte in der Kamera brachte die Erlösung in der Verlängerung: Ein Foto des Fahrgastes wurde ausgedruckt, und dann begann gute alte Polizeiarbeit. Klinkenputzen an den Haustüren der Provinz, bis jemand den Bayern-Fan auf dem Foto erkannte. Der öffnete übrigens selbst die Haustür. Er war zu seiner Mama gerannt.
Ahmads Chefin von Golden Cab, Sarab Khalid, will nun in ihren 22 Taxis Dashcams installieren. Sie beschreibt ihren Angestellten als „sehr ruhig, wahnsinnig liebenswert“ – wohl deshalb, vermutet auch der geprellte Fahrer, sei er vor der Allianz Arena ausgesucht worden. „Vor mir stand ein älterer und erfahrener Kollege von Golden Cab, aber der Mann stieg bei mir ein.“
Um 19.38 Uhr begann die Fahrt, um kurz nach 22 Uhr war sie beendet. Alkoholisiert war der Passagier nicht und auch sonst nicht auffällig, erinnert sich der Münchner – allerdings stand er wohl unter Drogen, wie die Polizei mitteilt. Einen Bluttest hatte er verweigert. Unser Fahrer und seine Chefin hoffen nun, dass sie gerichtlich an ihr Geld kommen. „Ich war so perplex, wütend und traurig, dass der Mann so gehandelt hat“, sagt der Taxler. „Gut, dass er geschnappt wurde. Er muss wissen, dass er so nicht weitermachen kann.“
Das gilt auch für viele andere. Golden-Cab-Chefin Sarab Khalid berichtet von „locker zehn bis 15 Fällen“ pro Jahr, wo die Kunden weglaufen. So eine Aktion hat sie noch nicht erlebt. Rote Karte, Abpfiff – und später Sieg für die Gerechtigkeit. Fehlt nur noch die Kohle.M. BIEBER