Wie im Wohnzimmer: Claudia Finsterlin (links) und ihre Freundinnen im Strick-Kino. © Michaela Stache
Schon bei der Werbung klackern die Nadeln leise. Claudia Finsterlin (63) strickt an einem Pullover. „Ich habe extra etwas mitgenommen, was kein kompliziertes Muster hat“, sagt die Gautingerin lachend. Denn sie will ja auch etwas vom Film mitbekommen. Sie strickt nicht daheim vor dem Fernseher, sie ist Gast in der Strick-Vorstellung im Leopold-Kino, die dort am Sonntag zum ersten Mal stattgefunden hat. Kino für Fortgestrickte!
Gezeigt wird heute Nachmittag „Liebe braucht keine Ferien“, eine romantischen Komödie aus dem Jahr 2006 mit Cameron Diaz, Jude Law, Kate Winslet und Jack Black. Das Licht ist nicht wie sonst ausgeschaltet, sondern nur gedimmt. Über 50 Handarbeits-Liebhaber sind gekommen. „Wir wollen das Kino breiter machen – mit Veranstaltungen, die über das reguläre Abspielen von Filmen hinausgehen“, sagt der Geschäftsführer Michael Hehl. Schon seit Längerem zeigt er im Leopold-Kino beispielsweise auch Konzertaufzeichnungen auf der Leinwand. Nun will er mit der Strick-Vorstellung „das Zuhause ins Kino bringen“.
Mit Kreativität gegen die Konkurrenz der Streaming-Dienste: Deutschlandweit finden mittlerweile immer mehr solche Events in den Kinosälen statt. Das Monopol-Kino an der Schleißheimer Straße beispielsweise bietet schon länger ab und zu Handarbeits-Vorstellungen („Craft Cinema Night“) an. Der Mathäser Filmpalast zeigt Opernaufführungen. Im Lichtspielhaus in Fürstenfeldbruck gibt es bei der Reihe „Dienstag um 4“ Kaffee, Gebäck und Klaviermusik zum Film.
Claudia Finsterlin hat sich an diesem Tag fürs Leopold-Kino mit Freundinnen verabredet. „Wir treffen uns oft zum Stricken. Das heute ist unsere diesjährige Weihnachtsfeier.“ Sie ist von der Atmosphäre begeistert. „Wir sind gleich mit anderen Damen ins Gespräch gekommen.“ Claudia Finsterlin ist froh, dass der gezeigte Film kein komplizierter Krimi ist. „Ich muss schon öfter mal auf meine Stricknadeln gucken. Aber diesem Film kann ich dennoch gut folgen.“
Eine Reihe hinter ihr sitzt Anke Schott (63). Sie arbeitet auch an einem Pullover, aber mit der Häkelnadel. „Wir haben von der Vorstellung in der Zeitung gelesen. Meine Freundinnen und ich gehen nie ohne unsere Stricksachen aus dem Haus. Wir stricken in der Bahn, beim Eisessen – und jetzt auch im Kino.“ Sie hat vorsorglich ein kleines Licht mitgenommen, um die Maschen gut zu sehen. „War aber gar nicht nötig.“ Handarbeits-Liebhaber können sich freuen: Wegen der guten Resonanz wird das Strick-Kino im Leopold künftig regelmäßig stattfinden – immer am letzten Sonntag im Monat. NINA BAUTZ