Die lange Brot-Schlange

von Redaktion

Hunderte Münchner stehen an für Preise wie vor 30 Jahren

Barbara Meisenbach-Juhl freut sich über gutes Brot.

Thomas Faust steht regelmäßig an.

Für günstiges Pfister-Brot warten Münchner geduldig in der Kälte. © Martin Hangen (3)

Eine Menschenmenge hat sich vor der Filiale der Hofpfisterei gebildet. An die 100 Leute stehen vor dem Restbrotladen an der Blumenstraße, bis um die Ecke tief in die Utzschneiderstraße hinein – und es kommen immer mehr. Sie alle wollen Brot vom Vortag. Nur vier Euro kostet hier der Zwei-Kilo-Laib, der normalerweise für 15 Euro über die Theke geht. So billig war Brot zuletzt 1996.

„Da kann man schon mal länger anstehen“, sagt Rentner Thomas Faust (67), einer aus der Schlange. Faust wartet alle zwei Wochen vor der günstigen Filiale und kauft zwei Laib Brot. „Das reicht uns zu Hause 14 Tage. Was wir nicht in acht Tagen essen, frieren wir ein. Das lohnt sich finanziell sehr.“

Viele Rentner stehen an. Eine davon, Maria P. (68), ereifert sich: „Als ehemalige Krankenschwester habe ich keine 2000 Euro Rente, ich muss auf den Cent schauen! Da haben die Politiker mit ihren Zigtausenden im Monat leicht reden!“ Ein paar Plätze hinter ihr wartet Barbara Meisenbach-Juhl (58) aus Bamberg. „Ich müsste nicht hier stehen“, sagt sie, „ich kaufe auch in normalen Hofpfisterei-Läden. Aber immer, wenn ich in München bin, gönne ich mir diese Freude, hier das beste Brot zum günstigen Preis zu kaufen. Ich teile das dann mit meiner Nachbarin.“

Beobachtet man die Schlange und lauscht, lernt man schnell die Regeln. Wer vorne steht, hat die größte Auswahl, denn es gibt im Laden (Di. bis Fr. 12 bis 16 Uhr, Sa. 11 bis 13.30 Uhr) nur übrig gebliebene Sorten. Walnussbrot ist zum Beispiel selten und – wenn vorhanden – vielleicht bis Platz zehn zu haben. „Ich hab ein Walnussbrot“, jubelt 15 Minuten später Maria P., „eine Delikatesse, Wahnsinn!“ Rentner Wolfgang Seidlitz (85), noch in der Schlange, ist gelassen. „Das sieht aus wie in der Nachkriegszeit hier“, amüsiert er sich. „Wahrscheinlich sind viele Leute nächste Woche in Urlaub, nicht in der Stadt und wollen einen Vorrat anlegen. Zum Glück regnet es heute nicht. Ich stehe hier regelmäßig, letzte Woche war es nass.“

Dass der Ansturm an Weihnachten liegt, denkt man auch bei der Hofpfisterei. „Den Restbrotladen gibt es seit den 80er-Jahren. Dass derzeit lange Schlangen davor stehen, dürfte an der nahen Festwoche liegen“, sagt Pressesprecher Thomas Lillpopp, „denn weder im Sortiment noch bei den Preisen ist etwas neu.“ Die Hofpfisterei wolle mit dem Laden einfach dafür sorgen, dass alles Brot verkauft und keine Lebensmittel verschwendet werden. Mit Erfolg: „Der Laden ist meistens vor Feierabend leer.“ Und wenn nicht, werde der Rest an soziale Einrichtungen oder Biobauern als Futter gespendet. ISABEL WINKLBAUER

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