Seoul/Tokio – Die Antwort Nordkoreas auf die neuen Sanktionen des UN-Sicherheitsrats ließ nicht lange auf sich warten. Der neuerliche Test einer Mittelstreckenrakete am Freitag erfolgte vier Tage, nachdem das UN-Gremium per Resolution die Öllieferungen an das abgeschottete Land gedeckelt und die Textil- wie Erdgasexporte verboten hatte. Damit sollte Pjöngjang für den Atomtest vom 3. September bestraft werden.
Mit dem Test demonstriert Nordkorea zum einen, dass es sich auch von dem erhöhten internationalen Druck nicht abschrecken lässt, sein Atom- und Raketenprogramm voranzutreiben. Zum anderen sei „die Reichweite dieses Raketentests von Bedeutung, weil Nordkorea zeigt, dass es mit dieser Rakete auch Guam erreichen kann, obwohl die Nutzlast nicht bekannt ist“, schreibt David Wright von der Vereinigung besorgter Wissenschaftler in den USA.
Die Testrakete flog nach südkoreanischen Angaben über den Norden Japans bis in den Pazifik 3700 Kilometer weit – bei einer maximalen Flughöhe von 770 Kilometern. Ein wichtiger Militärstützpunkt ist von Nordkorea nur 3400 Kilometer entfernt.
Das US-Militär spricht davon, den Flug beobachtet zu haben. Experte Wright nimmt an, dass es erneut eine Rakete gewesen sei, wie sie Nordkorea bereits Ende August getestet hatte. Andere Experten vermuten, dass diese Raketen auch als Testobjekte für die Technologie von Interkontinentalraketen dienen, die Nordkorea entwickelt. Das Land hatte schon bei zwei Tests im Juli Raketen gestartet, die theoretisch über 10 000 Kilometer weit fliegen können.
Nordkoreas Machthaber will parallel zum Aufbau einer Atomstreitmacht die wirtschaftliche Entwicklung voranbringen. Das wird von Südkorea und dem Westen angesichts der Wirtschaftssanktionen und der Isolation Nordkoreas als realitätsfern kritisiert. Nordkorea wähnt sich jedoch mit Atomwaffen als unangreifbar. Politisch gelten Atomwaffen als Überlebensgarantie für die Regierung. Das Atomprogramm rechtfertigt Pjöngjang mit einer angeblichen Bedrohung von außen, die speziell von den USA ausgehe.
Der UN-Sicherheitsrat wollte sich noch am Freitag mit dem Waffentest befassen. Doch werde es wohl bei einer Verurteilung bleiben, glauben Beobachter. Die USA werden dennoch auf die Umsetzung der Raketen drängen. Außenminister Rex Tillerson rief China und Russland auf, Maßnahmen zu ergreifen. „Diese fortgesetzten Provokationen führen dazu, dass Nordkoreas diplomatische und wirtschaftliche Isolation nur noch vertieft wird“, sagte er.
Theoretisch könnte Japan die nordkoreanischen Raketen abschießen, schließlich verfügt das Land über Raketenabwehrsysteme auf See und auf dem Land. Aber abgesehen davon, dass Japan offenbar nicht Ziel war: Die Wahrscheinlichkeit, eine solche Rakete tatsächlich abfangen zu können, ist laut Experten gering. Die Raketen haben eine extrem hohe Geschwindigkeit und fliegen hoch. Selbst Tests solcher Abwehrsysteme, wo unter Idealbedingungen geübt wird, verlaufen nicht immer erfolgreich. Der politische Schaden, der entstehen würde, wenn Japan eine Abfangrakete losschießen und das Ziel verfehlen würde, wäre sehr groß. Die Glaubwürdigkeit der Streitkräfte Japans und der USA wäre stark beschädigt. Außerdem könnte das die Nordkoreaner nur noch bestärken, hieß es.