Es verlangt wenig Heldenmut, nach der Wahlklatsche die CDU-Parteiführung zu kritisieren. Vor der Wahl, und zwar langfristig vorher, wäre ein Einschreiten hilfreich gewesen. Trotzdem haben die Ost-Ministerpräsidenten Tillich und Haseloff Recht mit ihrem Angriff auf den Mitte-Kurs der Kanzlerin. Die Union hat die rechte Flanke grob vernachlässigt; nicht aus Versehen, sondern aus Vorsatz, weil Angela Merkel mit der demokratischen Rechten fremdelt und weil sie jedes Eingeständnis einer Kurskorrektur in der Asylpolitik als ihre eigene Kapitulationserklärung (miss)verstanden hätte.
Inhaltlich wäre der Dissens gar nicht so schwer aufzulösen. Es geht nicht um einen Rechtsruck oder um das Gebabbel von einer „AfD light“. Sondern darum, als Volkspartei wieder eine Bandbreite von Mitte bis Rechts abzudecken, mit Inhalten ebenso wie mit ernstzunehmenden Persönlichkeiten. Merkel kann das nicht selbst sein, aber sie müsste klarmachen, dass sie damit einverstanden ist, auch am rechten Rand aktiv zu werden. Es ist nicht pfui, sondern spätestens nach diesem Wahlergebnis nötig, dortige Wähler demokratisch zu integrieren.
Tillich und Haseloff zeigen übrigens noch etwas: Die Jahre des Stillhaltens in der Abnickpartei CDU sind vorbei. Langsam sickert die Idee durch, dass bei vorgezogenen Neuwahlen nicht mehr Merkel die Spitzenkandidatin sein könnte. Das macht ihren Kritikern Mut. Hoffentlich so viel Mut, nächstes Mal rechtzeitig den Mund aufzubekommen und Korrekturen durchzusetzen.
Christian Deutschländer
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