Es war eine Eskalation mit Ansage. Hier die Katalanen, die um jeden Preis über ihre Unabhängigkeit abstimmen wollten. Dort Spaniens Regierung, die sich Gesprächen verweigerte und lieber Tausende Polizisten einsetzte, um das Referendum zu verhindern. Spaniens Ministerpräsident Rajoy mag formal das Recht auf seiner Seite haben. Aber er trägt auch die Verantwortung für das harte Vorgehen der Sicherheitskräfte. Die Bilder von Schlagstöcken, Gummigeschossen, blutenden Gesichtern und 500 Verletzten werden nachwirken. Nach diesem Tag gibt es nicht mehr nur Katalanen und Spanier. In den Augen der Welt gibt es nun jene, die friedlich für Selbstbestimmung kämpfen – und die Staatsmacht, die das gewaltsam unterdrückt.
Wie auch immer das Referendum ausgeht: Rajoy und seine Regierung sind die Verlierer. Selbst in den jüngsten Umfragen hatten diejenigen, die für eine Abspaltung waren, keine Mehrheit. Aber die Szenen der Gewalt dürften die Sympathien für die Separatisten gestärkt haben – in Katalonien und darüber hinaus. Rajoy, der den sicher streitbaren Motiven der Unabhängigkeitsbewegung stets mit zentralistischer Ignoranz begegnete, hat sein Land sehenden Auges in eine extrem schwierige Situation gebracht.
Und nun? Spanien wird die brandheiße Lage nicht alleine abkühlen können. Es braucht einen Vermittler, der unvoreingenommen Wege auslotet. Die EU selbst ist in dieser Frage parteiisch. Aber wie wäre es mit einem renommierten Europäer wie Tony Blair? Ein Brite wie er weiß – Stichwort Schottland – wie man sich zusammenrauft.
Marcus Mäckler
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