Berlin – CDU, CSU, FDP und Grüne haben im Streit um die Zukunft von Verbrennungsmotor und Pkw-Maut ihre Sondierungen über eine Jamaika-Koalition vertagt. Aus Teilnehmerkreisen hieß es gestern, beim Thema Wirtschaft und Verkehr habe es keine Einigung gegeben. Die nach einem Sondierungstag üblichen Stellungnahmen der Parteimanager fielen aus. An den Papieren werde in den Arbeitsgruppen aber noch gearbeitet, hieß es.
Dem Vernehmen nach hakt es bei der Frage eines Enddatums des Verbrennungsmotors. Die Grünen wollen grundsätzlich, dass ab 2030 in Deutschland keine neuen Diesel- und Benzinmotoren mehr zugelassen werden. Während sie dem Vernehmen nach darauf beharrten, einen möglichen Ausstiegszeitpunkt in die Liste der noch zu klärenden Fragen aufzunehmen, wehrte sich die Union strikt dagegen, überhaupt eine solche Frage zu diskutieren.
Da eine rasche Einigung nicht erwartbar gewesen sei, habe man die Gespräche wegen Folgeterminen verschoben. FDP-Generalsekretärin Nicola Beer sagte: „Nichts Dramatisches, es wird einfach noch gearbeitet.“ FDP-Chef Christian Lindner sprach von internem Beratungsbedarf bei den Grünen und sagte: „Kein Grund zur Sorge.“
Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter sagte, es sei bereits umstritten gewesen, ob die beschlossenen Klimaschutzziele für den Sektor Verkehr weiter zu gelten hätten. Vorerst strittig seien auch Fragen der Zukunft der deutschen Autoindustrie wie Elektromobilität und damit auch ein Auslaufen des fossilen Verbrennungsmotors gewesen.
Schon am Mittag lief es nicht mehr rund. Die Unterhändler hatten sich beim Thema Landwirtschaft – trotz grundsätzlicher Einigkeit – in die Haare gekriegt. Aus Sicht des Grünen-Politikers Robert Habec der die Agrarsondierung für seine Partei leitet, gibt es drei Möglichkeiten, eine Wende zu schaffen: über das Ordnungsrecht, über finanzielle Anreize für die Bauern aus dem Bundeshaushalt oder über eine Umverteilung der EU-Agrarsubventionen, so dass weniger nach reiner Betriebsgröße und mehr nach Umwelt- und Tierschutz-Kriterien gefördert wird.
CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer kommentierte, Habeck müsse „in einer anderen Veranstaltung gewesen sein“. Seine Äußerungen stünden „im krassen Widerspruch zum bisherigen Sondierungsergebnis“. „Das ist echt schizophren“, sagte Scheuer.
Grundsätzlich waren sich die Unterhändler noch darüber einig, dass es mehr Tierschutz, weniger Pestizide und neue Klagewege für Verbraucher geben solle. Letztere könnten Fortschritte für Verbraucher bringen, etwa für Betroffene des Diesel-Abgasskandals. Dafür soll in den weiteren Sondierungen über die Frage von Gruppenklagen diskutiert werden. Verbraucherschützer fordern solche Instrumente seit langem.
Union, Grüne und FDP wollen zudem über bessere Kundenrechte bei digitalen Angeboten beraten – etwa über datenschutzfreundliche Voreinstellungen oder eine Überprüfbarkeit von Algorithmen, nach denen bestimmte Internetdienste funktionieren. Bei Lebensmitteln wollen die Parteien verstärkte „Informations- und Bildungsangebote“ vor allem für Kinder und Ältere prüfen. Heute wollen die Parteien eine Art Zwischenbilanz vorlegen. Jörg Blank u. Ruppert Mayr