Als am 24. September, 18 Uhr, die Kinnladen der entsetzten Christsozialen auf den Boden klatschten, war es für eine kluge Wahlanalyse zu früh. Nur 38 Prozent für die CSU, je über eine Million Unionswähler zur AfD und zur FDP abgewandert – das war ein historisches Debakel. Die Wucht hat jeder in der CSU verstanden. Jetzt ziehen manche allerdings die falschen Schlüsse daraus.
Hinter dem Unions-Desaster in Bayern steckt nur eine große Frage: ob die CSU zu kritisch oder zu sanft mit der Flüchtlingskanzlerin umsprang. Offensichtlich haben Wähler aus beiden Motiven der CSU den Rücken gekehrt, wohl auch, weil sie der Partei nach einer derart wilden Achterbahnfahrt zwischen Kuschelkurs und Krawall nicht mehr trauten. Dass zur AfD ausschließlich Merkel-Gegner abwanderten, ist glasklar. Der Gegenschluss wäre aber falsch: Dass zur FDP nur Merkels Fans gegangen wären. Unsinn! Zwei Drittel der FDP-Wähler wollen einen härteren Kurs in der Migrationspolitik. Zu den Liberalen flüchteten viele CSU-Wähler, die mit Merkel gebrochen haben, aber nie im Leben ihr Heil bei Rechtspopulisten und -extremen suchen würden. Wer sie jetzt als Kronzeugen für eine sanftere Migrationspolitik oder für einen weiter auf die Mitte fokussierten Kurs hernehmen will, vergeigt die nächste Wahl auch.
Einen angeblichen Rechtsruck betreiben, oder in Sonntagsreden vor einem Rechtsruck warnen – das passt jetzt sicher prima in die aufgeregten Rollenspiele für/gegen Söder. Die Lösung wäre beides nicht. Der einzige Ruck, den die CSU braucht, ist ein kräftiger Schlag auf den Hinterkopf, um sich so zusammenzustellen, dass künftig wieder eine größere Breite der Bevölkerung dieser Partei glauben und vertrauen mag.
Christian Deutschländer
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