Schlussrunde der Jamaika-Sondierung

Guter Wille, schlechte Ausgangslage

von Redaktion

Von J. Blank, R. Mayr und C. Deutschländer

Berlin – Was er heute dabei habe, wird Horst Seehofer am Sonntagabend auf dem Weg in die Sondierungen gefragt. Er stutzt. „Guter Wille“, sagt er dann. Gut, das dürfte er brauchen. Zum Start in die entscheidende Woche der Jamaika-Sondierungen zeichnen sich noch immer wenig Kompromisslinien ab. „Wir müssen Klarheit schaffen. Weniger reden, mehr entscheiden“, sagt Seehofer.

Guten Willen demonstrieren auch die anderen Partner, mehr oder weniger. „Jetzt in der dritten Etappe heißt die Aufgabe Kompromisse zu finden“, erklärt Angela Merkel (CDU) „Es wird ein noch durchaus großes Stück Arbeit.“ Man könne aber zu einer Lösung kommen. FDP-Chef Christian Lindner sagte, nachdem sich FDP und Grüne bewegt hätten, sei es jetzt mal an den Unionsparteien, Maximalforderungen zu räumen. Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt sagte: „Ich erwarte, dass jetzt ein Ruck durch die Sondierer geht.“ Themen, Argumente und Zahlen seien ausgetauscht. Jetzt müsse man daran arbeiten, „ob es Kompromisse gibt, ob die reichen, ob man am Ende was rauskriegt, was auch gut fürs Land ist“.

Die Unterhändler planen, am Donnerstag die Sondierungen abzuschließen, wahrscheinlicher ist die Nacht auf Freitag. Am Ende soll ein Sondierungspapier stehen, mit dem sich dann die Führungsgremien der Parteien befassen. Als besonders kniffelig gilt dies bei den Grünen, da dort ein Parteitag zustimmen muss. Auch in der CSU gibt es erhebliche Vorbehalte.

In den nächsten Tagen soll es bereits um die Migrationspolitik gehen, die eine mögliche Bruchstelle eines Jamaika-Bündnisses bildet. Die CSU will sich hier auch gegen eine Lockerung des Familiennachzugs stellen, selbst wenn die CDU hier kompromissbereit wäre. Mühsam wird es auch in anderen Bereichen der Innenpolitik. Hier sind sich Union, FDP und Grüne in zentralen Punkten noch völlig uneins. Vor allem bei den Knackpunkten Vorratsdatenspeicherung und Telekommunikationsüberwachung gibt es bisher keine Annäherung. Das geht aus einem Papier der zuständigen Berichterstatter der Jamaika-Parteien hervor. Es wimmelt von konträren Auffassungen, festgehalten in eckigen Klammern. Für FDP und Grüne ist die anlasslose Speicherung von Daten „ein nicht zu rechtfertigender Eingriff in die Grundrechte“. Die Union will dagegen daran „als notwendigem Instrument zur Verhinderung von Terroranschlägen und Aufklärung schwerster Kriminalität“ festhalten. Das Instrument solle zudem auf Wohnungseinbrüche ausgeweitet werden.

Auch beim Thema Volksbefragung sind sich die Verhandler nicht näher gekommen. So wird bei der Formulierung des entsprechenden Punktes ausdrücklich der Dissens mit der CDU festgehalten. CSU, Grüne und FDP schreiben dagegen fest: „Wir wollen die parlamentarisch-repräsentative Demokratie durch weitere Elemente der Bürgerbeteiligung und direkter Demokratie ergänzen.“

Für jamaikanischen Wirbel sorgte am Wochenende der Grünen-Unterhändler Winfried Kretschmann. Er nannte offen drei Ministerien, auf die die Grünen zugreifen wollen: Umwelt, Agrar und Verkehr. Ein Sprecher des Politikers versuchte hinterher zu beschwichtigen, das sei noch keine Festlegung gewesen. In der Sondierungsgruppe ist vereinbart, erst am Ende über Ressorts und Personalien zu sprechen. Bisher waren die Grünen stets mit dem Außenministerium in Verbindung gebracht worden.

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