SPD in der Krise

Strategisches Eigentor

von Redaktion

Das Tempo ist atemberaubend: Noch während seiner Bezirkskonferenzen zur Aufarbeitung des Wahldebakels, die just am Sonntag in Nürnberg endeten, schien Martin Schulz fest im Sattel zu sitzen. Dem 100-Prozent-Vorsitzenden hatte seine Partei alles verziehen – das schlechte Wahlergebnis, die schlechte Presse, das Postengeschacher in der Fraktion und die gravierenden Fehler bei der Personalplanung im Willy-Brandt-Haus. Nun droht er über Jamaika zu stolpern. Welche Ironie: Ausgerechnet der einzige, der nicht am Verhandlungstisch saß, droht zum ersten Opfer des Scheiterns zu werden.

Das kategorische Nein des Vorstands zur Großen Koalition am Montag mag angesichts des Basis-Tenors verständlich gewesen sein, durchdacht wirkt es nicht. Unverständlich, dass diese Strategie offenbar nicht vorab mit der Fraktion abgestimmt wurde. Fremdelt da ein Queraussteiger aus Brüssel noch immer mit dem Berliner Betrieb? Oder offenbaren sich hier generelle strategische Schwächen, die schon im Wahlkampf irritierten?

So oder so: Die SPD hat es geschafft, aus einem Armutszeugnis für die Kanzlerin, mit der außer den Grünen keiner mehr koalieren mag, eine Krise der Sozialdemokratie zu machen. Das muss man erst einmal schaffen.

Mike Schier

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