USA

Fragwürdiger Sieg für Trump

von Redaktion

von Gabriele CHwallek

Washington – Donald Trump blieb nicht einmal ein halber Tag, um sich an seinem jüngsten Steuerreform-Sieg im Senat zu erfreuen. „Eine großartige Nacht“, sagte der US-Präsident wenige Stunden nach dem Votum vor Reportern und sprach von den „größten Steuersenkungen in der Geschichte der USA“. Aber schon am Samstagmittag war die Tatsache, dass die Reform nunmehr für den Präsidenten greifbar nahe ist, in den TV-Sendungen wieder in den Hintergrund gerückt.

Dabei hat die Reform einen Umfang von 1,5 Billionen Dollar und ist Trumps erstes größeres Gesetzesvorhaben nach einem Jahr von Dekreten. Trotzdem drehten sich alle Schlagzeilen wieder um die Russland-Affäre und Ex-Sicherheitsberater Michael Flynn. Trump wird darin zweifellos ein neues Komplott der „Lügenmedien“ sehen, die tatsächlich das Thema Russland-Ermittlungen bis zum Geht-Nicht-Mehr auszulutschen scheinen. Aber dass das Thema am Samstag erneut hochkochte, ist größtenteils seine eigene Schuld. Beim Kurznachrichtendienst Twitter trat Trump eine neue Lawine los. Diesmal geht es um mögliche Versuche, Flynns Moskau-Kontakte und eine etwaige eigene Verwicklung zu vertuschen – oder vielleicht die naher Angehöriger.

Das mag am Ende wieder versanden, bei den vielen Strängen der Ermittlungen um die Russland zur Last gelegten Wahlbeeinflussung wird es ohnehin zunehmend schwer, den Überblick zu behalten. Aber für Trump und die Republikaner ist es enorm wichtig, nach der Pleite um eine Abschaffung von „Obamacare“, der Gesundheitsreform seines Vorgängers im Weißen Haus, einen großen Gesetzeserfolg vorweisen. 2018 wird ein neuer Kongress gewählt.

Wie stark der Erfolgsdruck ist, zeigte sich in der Art und Weise, wie der Gesetzentwurf der Steuerreform im Senat trotz seiner Tragweite für so viele Menschen und die Staatsfinanzen durchgepeitscht wurde. Änderungen fast bis zur letzten Minute, um mögliche Neinsager in den eigenen Reihen zufriedenzustellen. Fragwürdige Rechenexempel, um die Aufblähung des Staatsdefizits um mindestens eine Billion Dollar innerhalb einer Dekade zu kaschieren. Der vielleicht endgültige Abschied der Republikaner von einem ihrer Kernprinzipien, der Haushaltsdisziplin – im Wesentlichen zur Begünstigung von Unternehmen und Reichen. Am Ende war klar: Hauptsache, eine Steuerreform, irgendeine.

In welchem Maße Trump und die Republikaner davon profitieren werden, steht auf einem anderen Blatt. Spätestens seit der Entwicklungen um Flynn ist klar, dass die Russland-Ermittlungen weitergehen, Trump und das Weiße Haus wohl bis zur Kongresswahl begleiten werden. Dagegen könnte Trumps Steuerreform-Erfolg rasch verblassen. Wenn das Gesetz durch ist, wird Trump es im Kongresswahljahr zwar immer wieder als enorme Errungenschaft herausstellen, und reiche Spender, die wie Trump selber zu den großen Gewinnern der Reform zählen, werden es ihm danken. Aber Experten verweisen darauf, dass Steuersenkungen historisch in der breiten Bevölkerung wenig zur Kenntnis genommen werden.

Umgekehrt bauen die Demokraten darauf, dass manche Wähler sehr unglücklich sein werden, wenn sich im kommenden Jahr herausstellt, dass sie am Ende statt weniger mehr Steuern zahlen. Das trifft vor allem Vorstadt-Bewohner an der Ost-und Westküste – die möglicherweise wahlentscheidend sind. Schon jetzt ist klar, mit welchem Slogan die Demokraten in den Kongresswahlkampf gehen werden. Die Steuerreform als riesige Mogelpackung, ein Geschenk für die Reichen.

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