Debatte über Sargpflicht

Zu einseitig gedacht

von Redaktion

Muslime, die seit vielen Jahren in Deutschland leben, wünschen sich, auch hier nach den Riten ihres Glaubens bestattet zu werden. Das ist nachvollziehbar. Der Anteil der Nicht-Christen in unserer Gesellschaft wird größer. Deshalb ist es legitim, darüber nachzudenken, wie das Bestattungsrecht gestaltet werden kann, damit es allen Glaubensformen gerecht wird. Die Debatte konzentriert sich aber nur auf die Sargpflicht. Das ist zu kurz gedacht.

Denn die größten Unterschiede zu muslimischen Riten liegen woanders. Das beweist die geringe Zahl sargloser Bestattungen in Bundesländern, die den Sargzwang abgeschafft haben. Der Wunsch nach ewiger Ruhe oder die Grab-Ausrichtung nach Mekka spielt eine viel größere Rolle. Auf diese Wünsche gehen viele Kommunen in Bayern seit Jahren ein, um ihren muslimischen Bürgern entgegenzukommen. Auf etlichen Friedhöfen gibt es muslimische Grabfelder und Gebäude für die im Islam gebräuchliche Leichen-Waschung. Dieser Schritt ist so selbstverständlich passiert, dass er bei der Debatte um eine Reform unserer Bestattungskultur oft übersehen wird.

Es wäre eine große Geste, das bayerische Bestattungsrecht grundsätzlich zu ändern. Das müsste allerdings mit Blick auf alle Religionen passieren. So lange es aber auf die vielen offenen Fragen im Bestattungsalltag keine Antworten gibt, wäre der Schritt übereilt – und sicher nicht mehr wert als die vielen Gesten der Toleranz, die auf bayerischen Friedhöfen längst praktiziert werden.

Katrin Woitsch

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