Rom – Mit kritischen und teils feindseligen Stimmen aus Reihen der Kurie muss Papst Franziskus seit seinem Amtsantritt leben. Wie es heißt, habe er sich ein dickes Fell antrainiert. Doch was sich derzeit an internem Protest an Stil, Inhalt und Amtsverständnis seines Pontifikats zusammenbraut, ist auch für Beobachter starker Tobak.
„Wir haben dich gewählt, damit du Reformen durchführst und nicht, damit du alles zerstörst.“ Dieser heftige Vorwurf an die Adresse des Papstes soll vor einigen Tagen bei einer Audienz lautstark durch Türen und Wände des Apostolischen Palastes gedrungen sein. Dass berichtet der italienische Journalist Marco Tosatti unter Berufung auf verschiedene Quellen.
Stammen sollen die deutlichen Worte vom Vatikan-Diplomaten und Präfekten der Kongregation für die Ostkirchen, Kardinal Leonardo Sandri. Pikant: Er und Franziskus kennen sich seit langer Zeit. Sandri ist wie der Papst Argentinier. Er war bereits Vertrauter der Päpste Johannes-Paul II. und Benedikt XVI. Sandri käme auch die Aufgabe zu, bei einem etwaigen Konklave die Wahl des neuen Papstes zu verkünden.
Das Beispiel zeigt: Der Unmut, der sich in den bald fünf Jahren des Pontifikats angestaut hat, ist immens. Und die Konfliktlinie verläuft jenseits der gängigen Schablone „Konservative gegen Progressive“. Für viele treue Kurien-Mitarbeiter und Vatikan-Diplomaten ist Franziskus ein Mensch von einem anderen Stern geblieben. Sie nennen ihn bis heute abschätzig „den Argentinier“.
Das jedenfalls legt ein soeben in Italien erschienenes Buch nahe. Darin will der unter dem Pseudonym „Marcantonio Colonna“ schreibende Autor nach eigenen Angaben aufdecken, wie sich Papst Franziskus abseits der Öffentlichkeit gebe. Glaubt man dem Buch, verhält sich der Papst gegenüber seiner engsten Umgebung oft arrogant und herablassend. Er soll häufig Schimpfwörter verwenden und sei zudem für seine cholerischen Zornausbrüche berüchtigt – sei es gegenüber Kardinälen oder Chauffeuren.
Angeblich habe Jorge Mario Bergoglio – Franziskus’ bürgerlicher Name – auch vorzeitig von der Abdankung Benedikts XVI. erfahren und sich für das Konklave in Stellung gebracht. Benedikts Ankündigung, auf das Papstamt zu verzichten, hatte am 13. Februar 2013 weltweit für Überraschung gesorgt. Laut dem Buch war an jenem Tag der Rektor der Kathedrale von Buenos Aires bei Bergoglio zu Besuch. Während des Gesprächs habe oft das Telefon geklingelt. Bergoglios Verbündete aus aller Welt hätten angerufen, um zu gratulieren – obwohl die Papstwahl erst einen Monat später stattfand.
Auch der jüngste Vorschlag von Franziskus, den Text des Vaterunser leicht zu ändern, soll im Vatikan für Verstimmung gesorgt haben. Man sei es leid, heißt es aus Kurienkreisen, „ständig die Scherben kitten zu müssen“, die Franziskus mit seinen unabgestimmten Äußerungen anrichte. Ingo-Michael Feth