SPD für Gespräche mit der Union

Ausgejammert

von Redaktion

Freitag war der Tag, an dem die Krisen der Volksparteien besonders offensichtlich wurden. In Nürnberg bemühte sich die CSU mehr schlecht als recht darum, ihre Bundeskanzlerin Angela Merkel wieder gut zu finden. In Berlin erging es der SPD mit der Großen Koalition genauso. Wäre die Lage nicht so ernst, könnte man sich prima darüber amüsieren: Der SPD-Vorstand, der vor wenigen Wochen einstimmig den Gang in die Opposition beschlossen hatte, votierte gestern ebenso einstimmig für Gespräche. Mit dabei die ganzen Jusos und Marktschreier, die eben noch ein Bündnis zum Teufelswerk erklärten.

Die SPD steht nun an einer entscheidenden Schwelle. Sie wird dramatisch an Glaubwürdigkeit verlieren, wenn sie weiterhin die beleidigte Wahlverliererin spielt, die nun von dunklen Mächten auf die Regierungsbank gezwungen wird. Eine Partei, die so gerne mit ihrer großen Tradition hausieren geht, sollte lieber selbstbewusst ihre Ziele formulieren. Denn so sehr Alexander Dobrindt oder Andreas Scheuer auch poltern mögen – die Not der Union ist mindestens genauso groß wie die der SPD: Sie verfügt über eine Kanzlerin, mit der fast keiner mehr regieren will, aber über keinen Plan B, falls auch die Gespräche mit den Genossen scheitern. Es mutet absurd an, wie die SPD diese personelle Alternativlosigkeit der Union zu ihrem eigenen Problem gemacht hat.

Doch Deutschland zeigt wenig Interesse daran, den Sozialdemokraten bei der Selbstfindung zuzusehen. Wer Zukunft gestalten will, muss Ideen haben und diese umsetzen wollen – und nicht dazu überredet werden.

Mike Schier

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