In der Migrationspolitik endet das Jahr für die EU so, wie es begonnen hat: mit heftigem Streit. Dabei kann, bei Lichte betrachtet, dem Ratspräsidenten Donald Tusk, über den sich jetzt alle aufregen, kaum widersprochen werden. Brüssels fixe Idee, die in Europa ankommenden Flüchtlinge notfalls mit Zwang auch nach Polen, Ungarn, Tschechien oder sonst wohin weiterzuverteilen, ist spalterisch, weil sie den Orbans und Kaczinskys den hochwillkommenen Vorwand liefert, ihre Landsleute noch mehr gegen Brüssel aufzuhetzen. Und sie ist außerdem wirkungslos, denn welcher Bürgerkriegsflüchtling bleibt schon freiwillig in Warschau oder Budapest, wenn ihm auch dort nichts als Ablehnung entgegenschlägt?
Mit ihrer Brechstangen-Politik kommen EU-Chef Juncker und Kanzlerin Merkel also nicht weiter. Richtig ist umgekehrt allerdings auch, dass es ein Europa a la carte für die Osteuropäer nicht geben darf. Milliardenschwere Subventionen abgreifen und gleichzeitig Europa die kalte Schulter zeigen, wenn es um die solidarische Teilung von Lasten geht, kann nicht der Weg sein. Richtig ist es daher, den hilfsbereiten EU-Ländern, allen voran Deutschland, zumindest einen Teil der finanziellen Bürden abzunehmen. Und richtig ist ferner, die Kosten für die Bekämpfung der illegalen Migration, die Ländern wie Italien, Griechenland und Spanien entstehen, stärker zu europäisieren. Der Schutz der Außengrenzen sollte der EU nicht weniger wert sein als der Schutz gesicherter Einkommen für französische Bauern. Und wenn dann am Ende weniger Geld in den Fördertöpfen für Polen und Ungarn übrig bleibt, ist das deren Problem.
Georg Anastasiadis
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