Polen steht wegen seiner umstrittenen Justizreformen vor einem beispiellosen Verfahren zum Entzug seiner Stimmrechte in der EU. „Es spricht viel dafür, dass Artikel 7 erstmals … angewendet wird“, sagte EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger am Freitag im Deutschlandfunk. Laut EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker soll die Entscheidung am Mittwoch fallen. Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki kündigte Gespräche an, um den Schritt noch abzuwenden. Es geht um ein Verfahren nach Artikel 7 der EU-Verträge wegen der „eindeutigen Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung“ der Rechtsstaatlichkeit. Die Klausel wurde bislang noch nicht angewandt und gilt als härteste mögliche Sanktion – in Brüssel „Atombombe“ genannt. Die EU-Kommission will durch das Verfahren die Unabhängigkeit der polnischen Justiz wiederherstellen. Es geht unter anderem um den Umbau des Verfassungsgerichts, das laut Kritikern nach einer Reform 2015 staatlich kontrolliert ist.