Brüssel – Für Emmanuel Macron ist die Sache klar: Bundeskanzlerin Angela Merkel wird bis März mit der SPD über eine Große Koalition verhandeln, und dann gibt es endlich wieder eine stabile Regierung in Deutschland. „Ich bin absolut sicher, dass sie (Merkel) eine gute Einigung erzielen wird“, sagt der französische Präsident am Freitag bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Merkel zum Abschluss des EU-Gipfels.
Seine Zuversicht zieht Macron aus einem Gespräch mit Merkel am Rande des Gipfels. Dabei versprach die Kanzlerin, bis März mit ihm zu einer Verständigung über die Riesenreform der europäischen Wirtschafts- und Währungsunion zu kommen. In einer so weitreichenden Frage, darüber besteht Einigkeit, kann sich aber nur eine neue deutsche Regierung festlegen. Das bedeutet also, dass auch die Koalition bis dahin stehen muss.
Merkel würde solch kühne Prognosen für die Regierungsbildung allerdings nicht öffentlich aussprechen. Seit dem Scheitern der Jamaika-Sondierungen ist sie ein gebranntes Kind. Aber jetzt geht es erst einmal wieder voran. Noch während ihrer Pressekonferenz mit Macron stimmt der SPD-Vorstand Sondierungsgesprächen mit der Union zu.
Dass Merkel diese gerne möglichst schnell abschließen würde, ist kein Geheimnis. Ihr gefällt es gar nicht, dass ständig ihre internationale Handlungsfähigkeit als nur noch geschäftsführende Kanzlerin infrage gestellt wird. Vielleicht verabredet sie sich auch deswegen beim letzten EU-Gipfel des Jahres mit Macron zu einem gemeinsamen Auftritt vor Journalisten. Die Botschaft: Die deutsche Regierungsbildung mag ins Stocken geraten sein, der deutsch-französische Motor läuft aber weiter.
„Wenn Deutschland und Frankreich keine gemeinsame Haltung haben, dann kommt auch Europa nicht voran“, sagt die Kanzlerin.
Fest steht: Je länger die Regierungsbildung dauert, desto kleiner wird das Fenster, in dem die EU Großes vollbringen kann. Irgendwann im Herbst 2018 beginnt der Wahlkampf für die Europawahl, die im Frühjahr 2019 stattfinden soll. Bis dann gibt es vor allem zwei Projekte, für die eine deutsche Regierung gebraucht wird: die erwähnte Reform der Währungsunion und die langfristige Finanzplanung.
Für letzteres wird die EU-Kommission ihre Pläne voraussichtlich im Mai vorlegen. Damit sollen die finanziellen Spielräume für die sieben Jahre nach 2020 festgezurrt werden. Große Fragezeichen wirft dabei der anstehende Brexit auf. Mit dem Ausscheiden des großen Nettozahlers Großbritannien schrumpft das EU-Budget erheblich. Das wohl dickste Brett der nächsten Jahre ist aber wohl die Reform der Wirtschafts- und Währungsunion. Auch dabei geht ohne Deutschland nichts. EU-Ratspräsident Donald Tusk hat vor allem die gemeinsame Sicherung für Sparguthaben in Europa in den Blick genommen. Dieser Vorschlag der EU-Kommission scheiterte bislang vor allem am Widerstand Berlins – deutsche Banken fürchten, für angeschlagene Institute anderer Länder zu haften. Merkel signalisierte dazu nun mögliches Entgegenkommen. Bis März sollen mit Frankreich gemeinsame Positionen zur Währungsunion gefunden werden. Und vor allem: „Es gibt Einigkeit, dass wir die Bankenunion anstreben.“