Vorwürfe gegen Kardinal

Papstvertrauter im Zwielicht

von Redaktion

von Ingo-Michael Feth

Vatikanstadt – Ob Oscar Kardinal Maradiaga, Erzbischof von Tegucigalpa in Honduras, zum Feiern zumute war, weiß man nicht. Jedenfalls beging er soeben seinen 75. Geburtstag. Einige Tage zuvor hatte er pflichtgemäß sein Rücktrittsangebot an den Papst gesandt. So sieht es das Kirchenrecht vor. Der Pontifex kann den Rücktritt annehmen oder den Kardinal zum Weitermachen verpflichten. Es dürfte aufschlussreich sein, wie Franziskus bei seinem langjährigen Freund verfährt, der im Konklave 2013 hinter den Kulissen dessen Wahl zum Papst organisiert haben soll.

Denn ausgerechnet Maradiaga steht seit Kurzem im Zentrum eines Sturms, der das Zeug zum veritablen Hurrikan hätte, sollten die schweren Vorwürfe zutreffen, die das italienische Nachrichtenmagazin „L´Espresso“ gegen den Papstvertrauten erhebt. Demnach soll der Kardinal jahrelang in seiner Eigenschaft als Kanzler der Katholischen Universität von Honduras ein monatliches Gehalt von umgerechnet etwa 35 000 Euro erhalten haben, als Bonus bekam er in einem Monat sogar über 55 000 Euro. In einem internen Untersuchungsbericht des Vatikans, der „L’Espresso“ vorliegt, ist die Rede davon, dass der Kardinal und frühere Chef von Caritas International allein im Jahr 2015 summiert 600 000 Dollar erhalten habe. Zusätzlich steht der Vorwurf im Raum, Maradiaga habe über Investmentbanken und ein undurchsichtiges Firmengeflecht in London über 1,2 Millionen US-Dollar investiert – an der Steuer vorbei. Das Geld soll sich durch Fehlspekulationen de facto in Luft aufgelöst haben. Zusätzlich brisant: Von der honduranischen Regierung sollen 1,3 Millionen Dollar an das Erzbistum Maradiagas geflossen sein. Über Zweck und Verbleib dieses Betrages herrscht Rätselraten.

Noch ein anderer Aspekt der Recherchen von „L´Espresso“ lässt aufhorchen: Ein Zweckbündnis zwischen dem mächtigen Kardinal und dem schillernden US-Börsenmagnaten George Soros. Ziel: Die US-Präsidentenwahl 2016 zugunsten von Hillary Clinton zu beeinflussen. So stehe im Raum, dass Maradiaga von dem Multimillionär eine Spende von 650 000 US-Dollar erhalten habe. Die Summe soll er wiederum an eine liberale katholische Lobbygruppe weitergeleitet haben, die im laufenden US-Wahlkampf aktiv für die demokratische Kandidatin Hillary Clinton warb. Betrachtet man das tiefgekühlte Verhältnis zwischen Papst Franziskus und dem amtierenden US-Präsidenten Donald Trump, erscheint der fragwürdige Vorgang nicht einmal unglaubwürdig. Diplomatisch allerdings wäre es ein Affront, der die unverhohlene Abneigung der beiden noch verstärkt haben dürfte.

Über all die Anschuldigungen gegen seinen Vertrauten ist Franziskus wohl bereits seit Wochen informiert. „Der Papst ist traurig und möchte die Wahrheit herausfinden.“ So verlautet aus seinem Umfeld.

Der Vatikan hat unterdessen die Ermittlungen zu den Vorgängen in der katholischen Kirche von Honduras bestätigt. Bereits vor Wochen habe der Pontifex einen Bischof zur Untersuchung der zwielichtigen Finanzströme innerhalb der katholischen Kirche von Honduras in das mittelamerikanische Land entsandt. Papstfreund Maradiaga hingegen streitet alle Vorwürfe kategorisch ab und spricht von einer Schmutzkampagne, die sich letztendlich auch gegen die von ihm mitgestaltete Kurienreform richte. Der Papst habe ihn zu Weihnachten angerufen und ihm sein volles Vertrauen ausgesprochen. Das allerdings wollte man im Vatikan so nicht bestätigen.

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