Windhagen – Der 40. Jahrestag der Befreiung der von Terroristen gekaperten „Landshut“ 2017 hat den „Helden von Mogadischu“ wieder ins Gespräch gebracht. 1977 befreite der erste Kommandeur der Spezialeinheit GSG 9 in der somalischen Hauptstadt mit seiner Elitetruppe die Passagiere und Besatzungsmitglieder aus dem Flugzeug. Dabei tötete er zwei der vier palästinensischen Terroristen selbst. „Der größte Triumph ist für mich bis heute, dass wir alle Geiseln lebend befreien konnten“, sagt Wegener 2009. Der Flugkapitän Jürgen Schumann war zuvor bei einem Zwischenstopp im Jemen erschossen worden. Acht Jahre später begrüßt Wegener noch die letzte Reise der abgewrackten „Landshut“ von Brasilien nach Friedrichshafen. Hier soll sie ausgestellt werden. Nun ist Wegener gestorben.
Schmales Gesicht, markante Nase, weiße Haare: Der frühere Polizeioffizier ist 88 Jahre alt geworden. Jahrzehntelang lebte Wegener im rheinland-pfälzischen Windhagen nahe Bonn. „Wenn er in seiner aktiven Zeit nach Hause kam, wurde das Dorf an allen Enden abgeriegelt“, erzählt der Windhagener Landtagsabgeordnete Erwin Rüddel (CDU). „Wenn die Beamten abgezogen waren, kam er wieder raus und ging mit seinem Hund spazieren.“ Wegener sei auch im Ruhestand in seinem Windhagener Einfamilienhaus dicht an der Landesgrenze von Nordrhein-Westfalen geblieben: „Die Nachbarn haben ihn als angenehm, ruhig, zurückhaltend und bescheiden wahrgenommen.“
Nie vergessen hat Wegener, Vater zweier Töchter und in seinen letzten Lebensjahren verwitwet, das Olympia-Attentat von 1972 in München. Palästinensische Terroristen stürmen die Unterkunft der israelischen Sportler und nehmen Geiseln. Elf Athleten und ein Polizist sterben. Das Attentat führt zur Gründung der GSG 9 für die Bekämpfung des Terrorismus und schwerster Gewaltkriminalität. „Die Hilflosigkeit, zuzusehen und nichts tun zu können, war für mich am schlimmsten. Aber nach diesen Ereignissen habe ich mich sofort bereit erklärt, die neu gegründete Einheit GSG 9 zu übernehmen“, sagt der ehemalige Brigadegeneral 2002. „Ich habe mir immer gesagt, so etwas darf in Deutschland nie wieder passieren.“
Die Spezialgruppe übt und übt und übt – streng geheim. Auch in einem abgelegenen Basaltsteinbruch bei Windhagen. „Das ist erst viele Jahre später bekanntgeworden“, erzählt Erwin Rüddel, dessen Vater Josef Rüddel mit 92 Jahren in Windhagen als Deutschlands ältester und dienstältester Ortsbürgermeister gilt.
Wegener, als Sohn eines Reichswehroffiziers im brandenburgischen Jüterbog geboren und wegen der Verteilung antikommunistischer Flugblätter einst in DDR-Haft, wird wegen der Operation „Feuerzauber“ in Mogadischu am 18. Oktober 1977 schlagartig berühmt. Die Entführer wollten im „Deutschen Herbst“ gefangene Terroristen der Rote-Armee-Fraktion freipressen. Die RAF-Häftlinge Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe nehmen sich nach dem „Wunder von Mogadischu“ im Gefängnis Stuttgart-Stammheim das Leben. Wegener sagt 2012 zur Operation „Feuerzauber“: „Wir hatten davor jahrelang auf deutschen Flughäfen eine solchen Einsatz immer wieder geübt, nachts haben wir abgestellte Maschinen gestürmt. Manchmal konnten diese Maschinen auch nachher nicht mehr fliegen.“
Immer wieder wird die GSG 9 gerufen, wenn andere Kräfte an ihre Grenzen stoßen. Viele Einsätze gehen im Verborgenen über die Bühne. Auch im Ausland ist die Elitetruppe mittlerweile aktiv.