Nun gut, jetzt reden sie also wieder. Notgedrungen. Selten sind potenzielle Koalitionspartner derart lustlos in Gespräche über eine mögliche Zusammenarbeit marschiert wie diesmal. Die Strategie der drei Parteien könnte allerdings kaum unterschiedlicher sein: Die SPD hat zwar ein paar Forderungen formuliert, will aber eigentlich gar kein Bündnis. Die CSU möchte die Zusammenarbeit fortsetzen, rumpelt aber im üblichen Klausurton überfallartig in die Gespräche. Und die CDU? Die merkelt weiter vor sich hin – will eine Koalition, schreckt aber vor klaren Aussagen über Inhalte zurück.
Diese Strategie hat Merkel zwölf Jahre lang an der Macht gehalten. Bis zur Flüchtlingskrise war sie geradezu genial, weil sie die Kanzlerin kaum angreifbar machte, Gegner aber bei frühen Festlegungen bloßstellte. Seit 2017 hat sich das Blatt gewendet. Letztlich scheiterte schon Jamaika an Merkels Taktik: Denn weil die CDU keine eigenen Leuchtturmprojekte besitzt, fällt es ihr zunehmend schwer, anderen welche zuzubilligen. Mögliche Partner allerdings pochen auf diese Leuchttürme, gerade weil Erfolge stets mit Merkel nach Hause gingen.
Längst erwartet keiner mehr, dass von diesem Bündnis eine Aufbruchstimmung ausgehen könnte. Aber ganz ohne Richtungsentscheidungen wird es nicht gehen. Für die Sondierungen entscheidend könnte deshalb die Frage werden, ob sich die Partner noch Erfolge gönnen. Für die SPD dürfte die Bürgerversicherung zum Knackpunkt werden, für die CSU eine scharfe Zuwanderungspolitik. Beides wäre übrigens möglich, schließlich zeigen Umfragen relativ großen Rückhalt in der Bevölkerung. Und die CDU? Die dürfte Merkel behalten. Mehr will sie ja nicht.
Mike Schier
Sie erreichen den Autor unter
Mike.Schier@ovb.net