Washington – Es war ein einziger Satz während ihres „Golden Globes“-Auftritts am Sonntagabend, der Amerikas Demokraten in einen vorübergehenden Glückszustand versetzte. „Ein neuer Tag ist am Horizont!“, hatte Mega-Entertainerin und Multi-Milliardärin Oprah Winfrey der versammelten Hollywood-Prominenz zugerufen. Seitdem ist – neben dem Geisteszustand von Donald Trump – eine mögliche Präsidentschaftskandidatur der Afro-Amerikanerin zum Tagesthema in den USA geworden.
Verstärkt wird die Debatte noch durch den Umstand, dass Oprah – sie wird gewöhnlich nur mit dem Vornamen gerufen – die Gerüchte nicht dementiert. Vertraute der Unternehmerin steckten CNN-Reportern sogar zu, sie denke „aktiv“ über eine Bewerbung im Jahr 2020 nach. Das würde die 63-Jährige dann, sofern sie sich gegen innerparteiliche Mitbewerber durchsetzt, aller Voraussicht nach im großen Finale gegen Donald Trump sehen. Doch bis dahin sind noch drei Jahre Zeit – und in denen kann viel geschehen.
Unter anderem könnte die Begeisterung für Oprah der Skepsis weichen, wie es gestern auch die „New York Times“ prophezeite. Schon 2017 ergab eine CNN-Umfrage, dass die Talkshow-Moderatorin unter Amerikas Wählern eine große Fanbasis hat. Die Leute schätzen Oprah allerdings lediglich in ihrer TV-Rolle. 70 Prozent aller Befragten, darunter auch eine Mehrheit der Demokraten, sagten bei der Erhebung, sie wollten die Entertainerin nicht im Weißen Haus sehen. Das war aber zu einem Zeitpunkt, als Donald Trump noch nicht seine Arbeit im „Oval Office“ angetreten hatte. Inwieweit die Trump-Erfahrung die Wähler bei einer Oprah-Kandidatur beeinflussen kann – dazu wagt derzeit kaum ein Experte in den USA eine Prognose.
An warnenden Stimmen mangelt es jedenfalls nicht. Der prominente Autor Paul Levy kommentierte gestern über Twitter, die Hoffnung auf eine Oprah-Bewerbung sei ein beunruhigendes Zeichen für den Zustand der Demokraten und zeige, wie demoralisiert die Partei in der Nach-Obama-Ära erscheine. In der Realität würde es für die rund 2,8 Milliarden US-Dollar schwere Oprah jedenfalls nicht einfach werden, wenn sie es wirklich wissen will. Das politische Schwergewicht Joe Biden, unter Obama acht Jahre lang Vizepräsident, dürfte Berichten zufolge 2020 antreten, nachdem er 2016 – noch unter dem Eindruck des Todes seines Sohnes – verzichtet und für Hillary Clinton das Feld bei den Vorwahlen frei gemacht hatte. Oprah würde es also mindestens mit ihm zu tun haben. Die konservativ geprägte „New York Post“ warnt aber davor, sie zu unterschätzen. Oprah sei in einer unvergleichbaren Position, so das Blatt, um von „der radikalen Transformation in der politischen Kultur zu profitieren“, die schon die Wahl Trumps möglich gemacht habe. Andere Kommentatoren merken allerdings an, es sei so gut wie nichts über die politischen Ansichten von Oprah bekannt.
Auch dass sich die Entertainerin bei der „Golden Globes“-Verleihung als Fürsprecherin der „me too“-Bewegung präsentiert hatte, findet in den USA nicht ungeteilten Beifall. Hollywood-Schauspieler James Woods, der aus seinen Sympathien für die Republikaner keinen Hehl macht, stellte beispielsweise kurz nach den ersten „Oprah 2020“-Schlagzeilen drei Bilder ins Internet. Sie zeigen die Milliardärin an der Seite des in Ungnade gefallenen Produzenten Harvey Weinstein, den zahlreiche Frauen sexueller Übergriffe beschuldigen.
Präsident Donald Trump ließ jedenfalls angesichts der Bewerbungs-Gerüchte bereits verkünden, er würde die Herausforderung begrüßen, „sei es Oprah oder jemand anders“.