Straßburg – Frans Timmermans ist begeistert vom Lernerfolg seiner vier Kinder. Nur ein einziges Mal habe er ihnen erklärt, wie schädlich Plastikstrohhalme für die Umwelt sind. „Jetzt halten sie nach Papierstrohhalmen Ausschau oder nutzen gar keine“, sagt Timmermans.
Solchen Erfolg wünscht sich der Vizepräsident der Europäischen Kommission auch für seine gestern vorgestellte Strategie gegen Plastikmüll in Europa. Bis 2030 sollen alle bisher nur einmal verwendeten Kunststoffe wiederverwertbar sein und die Menge schrumpfen. Timmermans ist sich sicher: „Wir werden im Plastik ersticken, wenn wir nichts dagegen tun.“
Weltweit, aber auch in Europa werden enorme Mengen Kunststoffe genutzt und anschließend weggeworfen. Allein in der EU entstehen nach Angaben der EU-Kommission jedes Jahr rund 26 Millionen Tonnen Plastikmüll. Davon enden 39 Prozent in Verbrennungsanlagen und 31 Prozent auf Müllkippen. Weniger als 30 Prozent werden zum Recycling gesammelt.
Der Strohhalm ist für Anti-Plastik-Aktivisten weltweit ein Symbol für unnötigen Einmalkonsum mit drastischen ökologischen Folgen. Nach Angaben des Bundesumweltministeriums gehören Strohhalme und Flaschendeckel neben Zigarettenstummeln, Lebensmittelverpackungen und Plastikflaschen zu dem am häufigsten gefundenen Meeresmüll, nicht nur an der Ostsee. „24 Stunden am Tag enden in jeder Sekunde rund 700 Kilogramm Plastik in der Meeresumwelt“, warnt EU-Kommissar Timmermans. „Es dauert fünf Sekunden, das zu produzieren, fünf Minuten, es zu nutzen, und etwa 500 Jahre, es wieder abzubauen.“ Insgesamt sollen bis zu 142 Millionen Tonnen Plastik in den Weltmeeren treiben. Die Brüsseler Strategie zielt nun darauf, viel mehr Plastik zu recyceln und weniger in die Umwelt gelangen zu lassen. Bis 2030 sollen alle Kunststoffe wiederverwertbar werden. Die Kommission hat bereits 250 Millionen Euro gegeben und verspricht bis 2020 weitere 100 Millionen für die Forschung, um die Stoffe entsprechend weiter zu entwickeln.
„Es muss funktionieren“, sagt Patrick Hasenkamp vom Verband Kommunaler Unternehmen, der auch für die örtlichen Müllabfuhren steht. „Die Kunststoffmengen sind einfach viel zu groß, als dass wir das tatenlos weiter laufen lassen könnten.“
Die Kosten für Deutschland sind dabei noch nicht genau abzuschätzen, sagt Hasenkamp. Bliebe es bei denselben oder sogar steigenden Plastikmengen, müssten dafür in jedem Fall viele neue Recyclinganlagen aufgebaut werden. Verena Schmitt-Roschmann