Markus Söder, das Alphatier, der Überzeugungstäter, der Ungeduldige, der Testosterongesteuerte, mag in vielem wie das glatte Gegenteil der so sanft und bedächtig wirkenden Kanzlerin erscheinen. Eines aber verbindet ihn mit ihr: die hohe politische Intelligenz, die ihn herausragen lässt aus dem Gewusel der weiß-blauen Mittelmäßigkeit um ihn herum. Aus Merkels Erfolg (und auch ihrem Misserfolg) hat er gelernt: Präsidial im Auftreten, aber entschlossener und führungsstärker in der Sache, so will er sein Projekt Bayern angehen. Und so schamlos wie sie klaut er der Opposition die Themen.
Seehofers lange Gegenwehr verschaffte ihm am Ende sogar einen Vorteil: Keiner, der vor ihm Bayern führte, hatte so lange Zeit wie er, sich seinen Schlachtplan zurechtzulegen. Planvoll und analytisch, nicht sprunghaft und situativ wie sein Vorgänger will der 51-Jährige den Freistaat regieren. Zwei Leitplanken seiner Ministerpräsidentschaft hat er in einer Kaskade sorgsam überlegter Reden und Interviewäußerungen gezogen: Söder kombiniert einen strikten Kurs in der Sicherheits- und Ausländerpolitik mit einem starken sozialen Schwerpunkt. In Söders Bayern sollen die Bürger wissen, dass sich einer kümmert: um Pflege und Wohnungen. Und darum, dass sich im Freistaat keiner fürchten muss, wenn er nachts auf die Straße geht – nicht mal vor einem nimmersatten Söder, der auch nach zwei Amtszeiten noch nicht weiß, dass es Zeit ist zu gehen. An diesem Rundum-Wohlfühlpaket wird sich mancher Oppositionspolitiker noch die Zähne ausbeißen, der glaubte, der hitzige Franke werde rasch in die für ihn aufgestellte „Rechtsruck“-Falle tappen.
Sein gefährlichster Gegner ist nicht die AfD, die er härter angehen will als sein Vorgänger und deren Funktionären er zu Recht vorwirft, zum Teil „näher an der NPD“ zu sein als an der Union. Söder schlagen kann nur Söder selbst – wenn sein aufbrausendes Naturell eines Tages die Oberhand gewinnen sollte über die Intelligenz, die es zügelt.
Georg Anastasiadis
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