Türkei in Syrien

Erdogans Angst

von Redaktion

Kann man das, was Syrien da erlebte, Atempause nennen? Was auch immer es war, es ist vorbei: Nun, da die Terroristen des IS geschlagen sind, marschieren türkische Soldaten über die Grenze, um ihr Land – so die Begründung – vor anderen Terroristen zu schützen: den Kämpfern der Kurdenmiliz YPG, die weite Teile des syrischen Nordens kontrollieren. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan nennt die Operation mit einigem Zynismus „Olivenzweig“. Dabei wird sie eines sicher nicht bringen: Frieden.

Vordergründig ist Erdogans Argument nicht völlig absurd. Die YPG gilt als syrischer Zweig der PKK, die Anschläge in der Türkei verübt. Hinter der Operation steckt aber eine viel größere Angst: dass die Kurden eine historische Chance wittern und in Syrien ihren ersehnten Staat aufbauen. Erdogan will das mit aller Macht verhindern – und riskiert sogar Spannungen mit dem US-amerikanischen Nato-Partner, der wiederum die YPG unterstützt. Nun wird die Miliz, die im Kampf gegen die Islamisten des IS viele Opfer gebracht hat, mit deutschen Leopard-2-Panzern bekämpft. Auch das ist nichts als zynisch.

Die Stärke der Kurden ist nicht zu unterschätzen, sie sind gut ausgebildet und von einem separatistischen Ehrgeiz getragen. Das deutet auf einen langen Konflikt. Abgesehen davon heizt der türkische Einmarsch die Spannungen zwischen den USA und Russland wieder an, die Einfluss auf die Nachkriegsordnung nehmen wollen. Unter all den Interessen, die sich auf Syriens Trümmerfeld aufhäufen, ächzt die Bevölkerung. Wie immer.

Marcus Mäckler

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