Kabinett weitet Auslandseinsätze aus

Ein heikles Thema zum Abschied

von Redaktion

VON Jörg Blank UND michael Fischer

Berlin – Es gibt Fotos von dieser 171. und wohl letzten Kabinettssitzung der dritten Regierung Merkel, die klar und deutlich Gewinner und Verlierer zeigen. Die strahlende Kanzlerin neben dem zufrieden lächelnden künftigen Wirtschaftsminister Peter Altmaier, der alte und neue Entwicklungsminister Gerd Müller legt tröstend den Arm auf den Rücken von Sigmar Gabriel – die Bilder sprechen aber eine emotionalere Sprache als der Inhalt dieser letzten Sitzung. „Es war ein Arbeitskabinett“, sagt Regierungssprecher Steffen Seibert nüchtern. Es habe eine sehr volle Tagesordnung gegeben.

Zentrale Entscheidung: Die Bundesregierung will die drei wichtigsten Auslandseinsätze der Bundeswehr ausweiten. Das scheidende Kabinett beschloss, die Truppe in Afghanistan deutlich um 320 Soldaten und die im westafrikanischen Mali leicht um 100 Soldaten aufzustocken. Die Unterstützung für den Kampf gegen die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) im Irak soll von der Kurdenregion im Norden auf das ganze Land ausgedehnt werden. Dafür sollen aber keine zusätzlichen Soldaten in das Krisenland geschickt werden.

Insgesamt beschloss das Kabinett die Verlängerung von sechs Bundeswehrmissionen, an denen sich derzeit 2600 Soldaten beteiligen. Das letzte Wort hat nun der Bundestag. Die Afghanistan-Truppe wird bereits zum zweiten Mal seit dem Ende des Nato-Kampfeinsatzes 2013 verstärkt, diesmal von 980 auf 1300 Soldaten. Damals war eigentlich schon der komplette Abzug ins Auge gefasst worden. Jetzt führt die miserabele Sicherheitslage dazu, dass der Trend in die andere Richtung geht und Afghanistan wohl bald wieder zum größten Einsatz wird.

„Wir brauchen Geduld und einen langen Atem, ganz ohne Frage“, sagte Verteidigungsministerin von der Leyen in der ARD zur Lage in dem Krisenland, in dem seit Jahrzehnten Krieg und Terror herrschen. Die Grünen-Verteidigungsexpertin Agnieszka Brugger warf von der Leyen „leere Durchhalteparolen“ vor. Diese seien bei einem so schwierigen Einsatz „besonders verantwortungslos“.

Auch der UN-Einsatz im westafrikanischen Mali – der bisher größte und gefährlichste der Bundeswehr – soll ausgeweitet werden, aber nicht so stark wie der in Afghanistan. Statt bisher höchstens 1000 sollen sich künftig bis zu 1100 Soldaten an der UN-Mission zur Stabilisierung des Landes beteiligen. Der Norden geriet 2012 nach einem Militärputsch vorübergehend in die Hände islamistischer und anderer Rebellengruppen, die erst nach einer französischen Intervention zurückgedrängt werden konnten. Es kommt aber immer wieder zu Anschlägen und Angriffen – vor allem im Norden des Landes, wo die Bundeswehr stationiert ist. Mehr als 100 Blauhelmsoldaten wurden bereits getötet.

In Mali gibt es neben dem UN-Einsatz Minusma noch eine Ausbildungsmission der EU, an der sich derzeit 160 Soldaten beteiligen. Die Obergrenze liegt bei 300. Zählt man beide Einsätze zusammen, könnten in Mali sogar mehr Soldaten als in Afghanistan stationiert werden.

Beim Ausbildungseinsatz im Irak soll der Schwerpunkt künftig bei der Unterstützung der Armee der irakischen Zentralregierung in Bagdad mit Beratern und Ausbildern liegen. Aber auch in der nordirakischen Kurdenregion wird die Bundeswehr weiter Präsenz zeigen. Die tatsächliche Truppenstärke ist noch unklar.

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