Nordkorea-Konflikt

Ein kleiner Coup

von Redaktion

Dass Menschen plötzlich mit Vernunft gesegnet werden, ist selten, aber möglich: siehe Donald Trump und Kim Jong Un. Statt sich weiter gegenseitig mit Vernichtung zu drohen, wollen die beiden Hitzköpfe nun miteinander reden. Der Atomkrieg, der ja stets als sehr reale Gefahr in dem so absurden wie gefährlichen Hahnenkampf schlummerte, ist also vorerst abgesagt. Das ist durchaus ein diplomatischer Coup – aber noch lange kein Durchbruch.

Denn die Forderungen beider Seiten sind hoch. Trump hat klargemacht, dass er nicht weniger als eine Denuklearisierung Nordkoreas erwartet. Das wiederum wird mit Kim kaum zu machen sein. Er hat vieles riskiert, damit die Welt sein Land als Atommacht anerkennt. Und die Tatsache, dass Trump nun auf sein Gesprächsangebot eingegangen ist, muss dem Machthaber als finaler Beweis für den Erfolg seiner Taktik gelten. Kim könnte sich allenfalls mit einem Preis locken lassen: Dem, dass die Amerikaner sich von der koreanischen Halbinsel zurückziehen. Aber das würde die Sicherheitsarchitektur der ganzen Region durcheinanderwirbeln. Es ist im Grunde unmöglich.

Eine Lösung läge möglicherweise in einem Deal nach dem Vorbild des Iran-Abkommens. Aber das geht nur, wenn auch Akteure wie China und Russland eingebunden werden. Trump und Kim sollen reden, aber ihr Dialog kann nur das Vorspiel zu etwas Größerem sein. Oder er mündet in neues Kriegsgebrüll.

Marcus Mäckler

Sie erreichen den Autor unter

Marcus.Maeckler@ovb.net

Artikel 1 von 11