München – Die Dame hält sich normalerweise gerne im Hintergrund, aber ihren Status kann man am Freitagvormittag im Landtag leicht erkennen. Während unten Markus Söder als neuer Ministerpräsident vereidigt wird, sitzt Karolina Gernbauer oben mit den ehemaligen Regierungschefs Edmund Stoiber und Günther Beckstein, den Vertretern der Kirchen sowie der neuen First Lady Karin Baumüller-Söder auf den Ehrenplätzen. Die Juristin, die 1993 als Hilfsreferentin in der Staatskanzlei angefangen, ist seit Jahren die wichtigste Beamtin im Staatsapparat – und gehört beim Machtwechsel zu den bemerkenswertesten Personalien. Denn die 55-Jährige, die bislang als rechte Hand Seehofers galt, soll ihren Job auch unter Söder fortführen.
Viel wurde in dieser Woche darüber gesprochen, dass mit Barbara Stamm und Ilse Aigner während des zweitägigen Interregnums zwei Frauen die Geschicke des Freistaats lenkten. Doch als sich am Mittwoch alle Ministerpräsidenten in der Brüsseler Vertretung des Freistaats trafen, um mit EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker und Günther Oettinger über den nächsten EU-Haushalt zu diskutieren, war es Gernbauer, die den Freistaat vertrat. Seehofer hatte sie oft zu den Treffen der Regierungschefs geschickt. Stamm wusste nicht einmal, dass das Treffen stattfindet. Gernbauer, die ebenso charmant wie durchsetzungsstark auftritt, erledigte viele knifflige Aufgaben für ihren Chef. Als Dankeschön schuf Seehofer den Titel einer Staatsrätin, den es bis dato nicht gab. Für ihre Arbeit wird Gernbauer seitdem mit der Besoldungsgruppe B10 entlohnt – mehr als 12 000 Euro im Monat.
Auf den Bildern vom Treffen der Ministerpräsidenten sucht man Gernbauer vergebens. Wie so oft. Im stark von Eitelkeiten geprägten politischen Geschäft ist das eine Seltenheit. Journalisten schüttelt sie zwar freundlich die Hand, macht ein paar Scherze – aber reden mag sie nicht. Und erst recht nicht über sich selbst. Intern dagegen hat sie eine Menge zu sagen: Gernbauer kennt die bayerische Machtzentrale wie kaum eine andere. Von 1999 bis 2005 war sie persönliche Referentin von Edmund Stoiber, später leitete sie die wichtige Abteilung „Richtlinien der Politik“. Seehofer dachte sogar einmal halblaut darüber nach, die Niederbayerin, die im Oberland lebt, zur Ministerin zu berufen.
Nun arbeitet sie also für Söder. Man kennt sich aus dem Umweltministerium, wo sie einst unter dem Minister Söder mit Wolfgang Lazik Co-Amtschefin war, ehe sie von Seehofer in die Staatskanzlei befördert wurde. Als der frisch gewählte Regierungschef gestern Mittag dort vorfährt, nimmt ihn Gernbauer gemeinsam mit Minister Marcel Huber in Empfang. Huber wird wohl eine neue Stelle im Kabinett bekommen. Gernbauer aber soll bleiben. Mike Schier