Seehofer und Söder

Tandem auf der Suche

von Redaktion

Es war sicher nur ein ganz bedauerlicher Zufall: Just an dem Morgen, an dem Markus Söder zu seinem Nachfolger gewählt werden sollte, knallte ihm Horst Seehofer eine dicke Schlagzeile um die Ohren. Die Islam-Äußerungen des neuen Bundesinnenministers beweisen zweierlei: Erstens, dass Seehofer auch künftig bei jeder Gelegenheit seinem Nachfolger in die Suppe spucken wird. Der Machtkampf in München mag entschieden sein, doch der CSU-Chef könnte sich gegenüber der Landtagsfraktion und ihrem neuen Liebling als nachtragend erweisen. Ob der brüchige Frieden bis zur Landtagswahl hält, bleibt abzuwarten. Sicher ist aber: Sollte die Landtagswahl nicht das gewünschte Ergebnis bringen, wird gnadenlos abgerechnet.

Die zweite Erkenntnis ist überraschender: Offenbar hat Seehofer aus der Analyse des missglückten Bundestagswahlkampfs wenig gelernt. Wieder – und dazu noch ohne konkreten Anlass – torpediert er den Kurs der Kanzlerin, die von der CSU am Tag des Interviews gewählt worden war. Das erstaunt nicht nur, weil diese Strategie bereits mächtig in die Hose ging, sondern weil Seehofer als Bundesminister eigentlich in die Kabinettsdisziplin eingebunden ist. Auch deshalb heißt der starke Mann der CSU nun Söder. An beides muss sich Seehofer erst gewöhnen.

Doch auch Söder sucht noch seine Rolle. Die neu entdeckte Demut, die er auch am Freitag wieder demonstrativ zur Schau trug, steht im Widerspruch zur großen Söder-Show, die im Landtag und später in der Staatskanzlei um ihn (und von ihm) inszeniert wurde. Und sie deckt sich auch nicht mit den knallharten Personalentscheidungen, die er hinter den Kulissen trifft. Mit der Beförderung von Beamten des Finanzministeriums in letzter Sekunde, vor allem aber mit der Berufung eines neuen Amtschefs, zeigt Söder seinem noch nicht benannten Nachfolger unmissverständlich, wer künftig das Sagen hat. Das ist als Ministerpräsident natürlich sein gutes Recht, auch Seehofer ist so verfahren. Nur war der nie demütig – aber immer authentisch.

Mike Schier

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