München – Der Finanzausgleich zwischen den Krankenkassen sorgt immer wieder für Streit. Kein Wunder, schließlich bestimmt er maßgeblich, wie viel Geld eine Kasse aus dem Gesundheitsfonds erhält. Insgesamt geht es dabei um Milliardensummen. In die Medien schafft es das Thema meist dann, wenn sich die Kassen mal wieder gegenseitig vorwerfen, den Mechanismus mit der Beeinflussung von ärztlichen Diagnosen in ihrem Sinne zu steuern. Diese Manipulations-Anfälligkeit ist jedoch nicht der einzige Streitpunkt.
Denn auch zwischen den einzelnen Bundesländern polarisiert der Finanzausgleich. „Bayern ist ein Hochlohnland. Aufgrund der hohen Löhne zahlen die bayerischen Krankenkassen-Mitglieder deshalb mehr in den Gesundheitsfonds ein als der Bundesdurchschnitt“, sagt Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) unserer Zeitung. Auch die Preise seien folglich in Bayern höher. „Die Krankenkassen erhalten aus dem Gesundheitsfonds aber lediglich Zuweisungen entsprechend den bundesdurchschnittlichen Leistungsausgaben.“ Die regional unterschiedlichen Kosten der Gesundheitsversorgung würden dabei nicht berücksichtigt. Huml fordert deshalb eine regionale Komponente im Finanzausgleich, das habe sie auch bei den Koalitionsverhandlungen in Berlin deutlich gemacht.
Auch Claudia Wöhler, Bayern-Chefin der Barmer, sagt: „Um die gute medizinische Versorgung in Bayern langfristig zu sichern, muss der Finanzausgleich der Krankenkassen untereinander eines der ersten Projekte der Gesundheitspolitik der neuen Bundesregierung werden.“ Und dabei sollten ihrer Meinung nach vor allem regionale Besonderheiten deutlich stärker berücksichtigt werden. „In Hof erhalten die Kassen Zuweisungen aus dem Finanzausgleich, die 200 Euro je Versichertem zu hoch ausfallen. In München werden für die Versorgung 200 Euro weniger als die tatsächlichen Behandlungskosten überwiesen“, sagt Wöhler. Solche regionalen Schwankungen ließen sich in ganz Deutschland wiederfinden. Denn Regionen mit schwächeren Versorgungsstrukturen verursachten real niedrigere Kosten, weil es dort weniger Ärzte, Krankenhäuser und Apotheken gebe. „Die finanziellen Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds sollten sich an den tatsächlichen Leistungsausgaben einer Krankenkasse in den Regionen orientieren“, fordert sie deshalb. Sonst würden Kassen begünstigt, die nur in bestimmten Gebieten tätig sind.
Anders als die bundesweit geöffnete Barmer hatte sich die AOK Bayern zuletzt eher skeptisch zum Einbau einer Regionalkomponente in den Finanzausgleich geäußert. Ein solcher Mechanismus würde vor allem die Finanzierung städtischer Bereiche stärken, die im Vergleich ohnehin schon eine überproportional gute Gesundheitsversorgung hätten.
Das Bundesversicherungsamt hat ein Gutachten zur regionalen Verteilung angekündigt. Das bayerische Gesundheitsminsterium erwartet es im Mai. Sebastian Horsch