„Gegen den Strom schwimmen“

von Redaktion

Der Papst verteidigt in einem Apostolischen Lehrschreiben seinen Kurs

Vatikanstadt – „Gaudete et exsultate“ – „Freut euch und jubelt“ lautet der Titel des neuen Apostolischen Lehrschreibens von Papst Franziskus, in dem er über die Bedeutung der Heiligkeit angesichts der Herausforderungen unserer modernen Welt nachdenkt. Doch wer sich eine abstrakte theologische Abhandlung erwartet, wird von diesem Pontifex, der die Lebensrealität der Menschen stets im Auge behält, einmal mehr überrascht. So zeigt er konkrete Hinweise und Vorschläge für jeden getauften Christen auf, um im heutigen Lebensalltag als „Heilige von nebenan“ zu wirken. Stellenweise liest sich das Dokument gar wie eine Verteidigungsschrift seines Kurses.

Seine Kritiker sowohl aufseiten der Traditionalisten wie der Progressiven dürften sich angesprochen fühlen, wenn ihnen Franziskus den Spiegel vorhält und vor „narzisstischem und autoritärem Elitebewusstsein“ warnt. So sei die Kirche weder eine „internationale NGO“ (gemeinnützige Organisation), die für Sozialhilfe zuständig sei; genauso wenig ein „doktrinärer, disziplinarischer Apparat“, der seine eigene Energie im Kontrollwahn aufzehre, anstatt zu evangelisieren und den Zugang zur Gnade zu erleichtern. Kirche sei nicht „das Museumsstück einiger weniger“, schreibt der Papst den Nostalgikern ins Stammbuch. Die Gläubigen ruft er zu Misstrauen gegenüber denjenigen auf, die „ihre eigenen Theorien verabsolutieren und die anderen zur Unterordnung unter ihre eigene Meinung zwingen“.

Eindringlich warnt der Papst vor den vielen „falschen Propheten“ unserer Tage. „Wenn jemand vorgibt, auf sämtliche offenen Fragen Antworten zu haben, befindet er sich auf einem ungesunden Weg.“ Wer ausschließlich auf die eigene Erleuchtung und Selbstgewissheit poche, setze sich über Gottes Plan hinweg. Franziskus setzt entgegen: „Der Mensch, der die Dinge sieht, wie sie wirklich sind, der sich vom Schmerz durchdringen lässt und in seinem Herzen weint, ist fähig, die Tiefen des Lebens zu berühren und wahrhaft glücklich zu sein. Mit den anderen zu trauern wissen, das ist Heiligkeit.“

Die Christen ermutigt Franziskus, gegen den Strom zu schwimmen: „Die Worte Jesu richten sich deutlich gegen den Strom der Gewohnheit, gegen das, was man in der Gesellschaft so tut.“ Heiligkeit sei heute ein Leben „frei von der Schwäche des Egoismus, der Bequemlichkeit und des Stolzes“. Ingo-Michael Feth

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