München – Wiederverwertung war schon immer das Ding von Marcel Huber. Vor sechs Jahren hat er sich als Umweltminister nach einer Sammelaktion in einen Haufen mit 70 000 Uralt-Handys gesetzt, viele noch mit langer Antenne. Nun, sechs Jahre später, steht er wieder vor Fotografen im Foyer des Ministeriums am Rosenkavalierplatz. Und wieder schmückt sich Huber mit ausrangierten Dingen.
„Wir firmieren wieder als Lebensministerium“, sagt der neue Umweltminister und hält die Plakette mit einer Silhouette des Feldahorns in die Luft. Nach seinem dreieinhalbjährigen Intermezzo als Chef der Staatskanzlei hat Huber wieder im Ministerium für Umwelt- und Verbraucherschutz das Sagen, und damit kehrt auch der Lebensbaum zurück.
Diesen Namen hat noch Markus Söder in seiner Zeit als Umweltminister erfunden, Huber führte die Marke 2011 bis 2014 weiter. Nach seinem Wechsel in die Regierungszentrale verbannte Nachfolgerin Ulrike Scharf den Lebensbaum, was Huber mit seiner Rückkehr nun wieder rückgängig macht. Sein Signal: Mit mir ist auch die frühere Philosophie zurück. „Das geht alles zum Nulltarif“, sagt Huber. „Das Zeug war noch alles da.“ Es lag im Behörden-Keller.
Der Minister wird in die acht Abteilungen mit 565 Mitarbeitern geschickt, um aufzuräumen und die Außenwirkung zu verbessern. Das Umweltressort beschäftigt sich ja viel mit schönen Dingen wie Artenvielfalt und Umweltschutz, rückt aber vor allem bei Krisen in den Fokus (Stichwort Bayern-Ei oder Listerien-Skandal). Huber will die Polarisierung bei Umweltthemen eindämmen und das Schwarz-Weiß-Denken beenden.
Der sehr konservative Politiker fährt dabei keinen fundamentalen Umweltschutz, etwa mit ständiger Konfrontation zum Landwirtschaftsministerium. „Wir kommen nur gemeinsam voran“, sagt er. Scharfs Linie war härter, womit sie sich etwa beim Bund Naturschutz sehr beliebt machte. Dafür verscherzte sie es sich mit ihrer CSU-Fraktion, heißt es. Zu provokant habe die Erdingerin agiert, die es überraschend nicht in Söders Kabinett geschafft hat. Scharf kämpfte gegen die Skischaukel am Riedberger Horn, während die Fraktion damals noch dafür war; sie setzte sich für einen dritten Nationalpark ein. Die Abschaffung des Lebensbaum-Logos, eigentlich eine Formalie, galt als Affront gegen Söder. Das ist der zweite Aspekt neben dem fachlichen: Die Abberufung hat auch mit persönlichen Spannungen zwischen Söder und der Vertrauten von Ilse Aigner zu tun.
Besonders kurios mutet da an, dass der neue Ministerpräsident in der Frage Riedberger Horn die Position der geschassten Ministerin Scharf übernommen hat. Seine Alternativ-Versprechen zur Förderung des Tourismus sind keine Neuerfindung. Sie liegen seit einem Jahr im Ministerium, hervorholen durfte sie keiner.
Huber verhielt sich in seinen bisherigen Aufgaben loyal – auch auf Positionen, die ihm nicht so gut gefielen. Er wollte weg von der Machtpolitik in der Staatskanzlei, murrte aber nie. Deshalb galt der gelernte Tierarzt und erfahrene Politiker aus Mühldorf am Inn als geeignet für jedes Ministerium.
Inhaltlich hat Huber viel vor. Eine Viertelstunde holt er aus zu einem strammen Ritt quer durch das Ressort: Die Rede ist etwa vom neuen Projekt „Bayern muss wieder blühen“. Jeder müsse zur Artenvielfalt beitragen – Landwirte, Straßenmeistereien, aber auch Privatgärten. Näheres sagt er aber noch nicht, genauso wenig zur Nationalparkfrage. Der Aufschlag zu den Großthemen ist dem Ministerpräsidenten vorbehalten, der für Mittwoch eine Regierungserklärung angekündigt hat.
Es gibt aber auch Konkretes: Für das Atomkraftwerk Grafenrheinfeld in Unterfranken ist der Rückbau genehmigt. Jäger sollen zur Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest weiter finanziell beim Abschuss von Wildschweinen unterstützt werden. Und bei der umstrittenen Frage zum Umgang mit dem Wolf in Bayern deutet Huber eine härtere Linie an als seine Vorgängerin. „Es wird Regionen geben, in denen der Wolf Platz hat. Aber es wird auch Regionen geben, in denen er nicht Platz hat.“
An diesem Donnerstag fahren Huber und Söder zur Eröffnung der Landesgartenschau nach Würzburg, natürlich haben sie einen Lebensbaum dabei. „Wir haben das Ding im Ministerium an der Wand. Morgen pflanzen wir ihn an“, sagt Huber. Das könnte wieder Bilder geben, die hängen bleiben. So wie die Handy-Sammelaktion.