Macron I: Berlin sagt „non“ zu Reformideen

Schlafwandler

von Redaktion

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron will angesichts des globalen Erstarkens autoritärer Kräfte nicht zu einer „Generation der Schlafwandler“ gehören wie jene Europäer, die den Kontinent 1914 in den Ersten Weltkrieg führten. Gut so! Die EU braucht in Zeiten des überall bröckelnden Zusammenhalts mutige Politiker, die das Projekt Europa voranbringen. Doch schon bei der Frage, was konkret zu tun sei, fängt der Streit an. Ein EU-Finanzminister, ein Eurozonenbudget und die Vergemeinschaftung der gewaltigen Bankenschulden gehören nicht dazu, schallt es Macron aus Berlin entgegen. Um zu weitgehende Zugeständnisse an das umverteilungsfreudige Paris auszuschließen, hat die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag gerade die Prokura der Kanzlerin auch bei der Schaffung eines Europäischen Währungsfonds empfindlich beschnitten.

Das schwächt Merkel in Europa, stärkt aber zugleich ihre Verhandlungsposition gegenüber Macron. Schon arbeiten sich SPD und Grüne, die ein Zugehen auf französische Positionen quasi zur ersten europäischen Bürgerpflicht erklärt haben, an „Madame Non“ ab. Die politische Linke rechts des Rheins begeht dabei einen schweren Denkfehler: Alle finanzpolitischen deutschen Geschenke, die der Reformer Macron zur Abwehr der französischen Rechtspopulisten gerne hätte, helfen am Ende den deutschen Rechtspopulisten. In Ostdeutschland hat die AfD heute schon so viel Zulauf wie Marine Le Pens Front National.

Wenn Europa überall gestärkt werden soll, im Kern wie an den zerfransenden Rändern, müssen endlich für die Bürger deutlich sichtbare Erfolge auf anderen Gebieten her: bei der gemeinsamen Verteidigung, bei der Abwehr von Terror, Kriminalität und illegaler Migration. Sicherheitsunion statt Transferunion. Hier müssen Europas Anführer handeln statt schlafwandeln. Dann gewinnt (auch) Macron.

Georg Anastasiadis

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