Berlin – Tiefkühlpizzen sind nach ihm benannt, Autohändler, Restaurants und Computerspiele. Die Cartoonfigur Snoopy nimmt ihn ins Visier, Matthias Schweighöfer spielte ihn für eine Filmproduktion. Kinder können seine rote Fokker, das berühmte Jagdflugzeug, mit Legosteinen nachbauen. Manfred Freiherr von Richthofen, der berühmte Jagdflieger des Kaiserreichs, wurde bereits im Ersten Weltkrieg wie ein Popstar gefeiert. Heute ist er Kult, eine Legende.
In seinen knallrot gestrichenen Doppel- und Dreideckern soll Richthofen rund 80 Flugzeuge vom Himmel geholt haben. In der Heimat feiern sie ihn dafür als „Roten Baron“, die Gegner fürchten und respektieren den „Roten Teufel“. Bereits zu Lebzeiten wird er zur ritterlichen Heldenfigur hochstilisiert. Die Nazis schlachten Richthofen für ihre Propagandazwecke aus.
Eine Szene, die bereits unzählige Male erzählt und verfilmt worden ist: Manfred von Richthofen sitzt in seiner Fokker auf der Jagd nach feindlichen Fliegern. Er stellt in dem Dreidecker einem Engländer nach und nimmt ihn unter Beschuss. Als er sieht, dass sein Gegner sich wegen einer Ladehemmung seines Maschinengewehrs nicht wehren kann, stoppt er den Angriff und zwingt den Engländer zu landen – am Boden begrüßt er ihn freundlich und bietet ihm eine Zigarette an. Sportsgeist. Ritterlichkeit. Edelmut. Das sind die Botschaften.
Historiker Joachim Castan, Autor einer umfassenden Biografie über von Richthofen, zweifelt am Mythos vom edlen Ritter der Lüfte. Was genau in der Luft damals geschah, sei ungewiss. An anderer Stelle habe der Baron aber auch auf kampfunfähige Gegner „draufgehalten“. Tatsächlich hätten nur 33 der mehr als 100 vom Baron abgeschossenen Piloten und Besatzungsmitglieder überlebt, sagt der Historiker. Castans Credo: Die Propaganda überdecke die Persönlichkeit. Richthofen sei vor allem Jäger gewesen. Er sammelte Trophäen und strebte nach Ruhm. Frauen spielen in seinem Leben keine Rolle – trotz vieler Bewunderinnen. Vier Monate nach seinem ersten Abschuss wird ihm 1917 eine eigene Jagdstaffel unterstellt. Am 21. April 1918 wird der erst 25-Jährige über Nordfrankreich abgeschossen.
Das Luftwaffengeschwader 71 der Bundeswehr im ostfriesischen Wittmund ist nach Richthofen benannt. In Wittmund ist man stolz auf den Kampfflieger. Dort wird ein rotes „R“ auf die Flugzeuge lackiert. Die Bundeswehr ringt mit ihrem historischen Erbe, vor allem mit der NS-Zeit. Aber Richthofen ist für die Soldaten in Wittmund dennoch Vorbild. Man sehe den Menschen Richthofen, nicht das Regime, sagt Oberstleutnant Ohlemacher. Das sei im Einklang mit dem neuen Traditionserlass der Truppe. Am 100. Todestag wird er in Wittmund mit einer Serenade geehrt. Nico Pointner