Nordkorea stoppt Atomversuche

Für Kim läuft alles nach Plan

von Redaktion

Er freue sich auf das Treffen mit Kim Jong-Un, schrieb Donald Trump bei Twitter. Das las sich wie ein dicker, fetter Schulterklopfer für sich selbst – und für Nordkoreas Diktator. Denn der hatte kurz zuvor verkündet, die gefürchteten Atomtests seines Landes ab sofort auszusetzen. Dieser Trump, dachte Trump wohl bei sich, hat den „kleinen Raketenmann“ am Ende also doch gezähmt. Great, oder?

Die Frage ist aber, wer hier wen zähmt. Kims Ankündigung passt jedenfalls herrlich in die Charme-Offensive, die er seit Jahresbeginn fährt: Die Teilnahme an den Olympischen Spielen, die freundlichen Treffen mit dem koreanischen Süden, die China-Reise in einem aus der Zeit gefallenen Zug. Jetzt das Aus für die Atomtests, das vor dem interkoreanischen Gipfel am Freitag und dem geplanten Treffen mit Trump wie ein neues süßes Friedenszeichen wirkt. Kim genießt die Rolle des Entspannungspolitikers, er hat sie ja selbst ins Drehbuch dieser Krise geschrieben. Für ihn läuft alles nach Plan. Nach der Beinahe-Eskalation im vergangenen Jahr spricht der US-Präsident nun auf Augenhöhe mit ihm. Das ist mehr, als Vater und Opa Kim zusammen erreicht haben.

Dabei ist die Aussetzung der Atomtests eines nicht: ein gütiges Opfer. Die Tests seien schlicht nicht mehr nötig, begründete Kim, weil sein Atomprogramm schon vollendet sei. Er sprach von einem „großen Sieg“ – was so ungefähr das Gegenteil dessen ist, was die USA mit den Vereinten Nationen seit langem fordern: die Entnuklearisierung des Landes. Nach wie vor sieht Kim das Programm als seine Lebensversicherung an und nach wie vor stellt sich die Frage, wie er und Trump diese völlig unvereinbaren Positionen im Zwiegespräch abräumen wollen. Es wird schon ein kleines Wunder brauchen. Aber man weiß ja nie.

Marcus Mäckler

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