Die CSU will in sich gehen

von Redaktion

Vorstand in Klausur: Strategie gegen Zersplitterung des bürgerlichen Lagers gesucht – „Jüdisches Forum“ geplant

München – Nach der streckenweise schrillen Kreuz-Debatte sucht die CSU die stille Einkehr. Bei einer eintägigen Klausur berät die Parteispitze am Samstag den Kurs im Wahljahr. Zwei Probleme soll der Vorstand wälzen und in ein Strategiepapier fassen: Wie das bürgerliche Lager, das bis zu zwei Drittel der Bevölkerung in Bayern abdeckt, stärker bei den Christsozialen gebündelt werden kann. Und wie die Partei im Internet aktiver auftreten kann.

„Unser strategisches Ziel ist, die Zersplitterung des bürgerlichen Lagers zu beenden und es bei der CSU wieder zu vereinen“, sagt Generalsekretär Markus Blume. Hintergrund ist die Sorge um die absolute Mehrheit, wenn Wähler zu FDP, Freien Wählern, AfD oder kleinen Gruppen wie der Bayernpartei abwandern; in der jüngsten Umfrage kommen die Parteien und die CSU auf über 66 Prozent.

In den letzten Wochen versuchte es die CSU mit offensiven Attacken. Ministerpräsident Markus Söder schloss eine Koalition mit der FDP aus. Landtagsfraktionschef Thomas Kreuzer bemühte sich, den Freien Wählern das Etikett der „Freibiermentalität“ anzuhängen. Söder und Blume gingen die AfD viel schärfer als bisher an („zutiefst unbayerisch“). Man werde die AfD „mit allen Mitteln bekämpfen“, versprach Blume.

In diese Richtung zielt auch die strategische Internet-Offensive. Die 140 000 Mitglieder werden aufgerufen, sich in Debatten in sozialen Netzwerken einzumischen, statt das Feld dort der besser organisierten AfD zu überlassen oder auf hauptamtliche CSU-Angestellte zu hoffen. Die Partei brauche „eine Strategie, wie wir die Debattenhoheit im Internet gewinnen und gegen Radikalisierung ankommen“, sagt Blume. Gäste der Klausur sind die Professoren Simon Hegelich (HfP München) und der Extremismusforscher Werner Patzelt (Dresden).

Die Kreuz-Debatte steht offiziell nicht auf der Tagesordnung. Mit kulturell-religiösen Fragen befasst sich die Parteispitze dennoch: Die CSU gründet ein „Jüdisches Forum“, das für Interessierte jeden Glaubens in- und außerhalb der Partei offen stehen soll. „Die christlich-jüdisch-abendländischen Werte sind Grundlage unseres Zusammenlebens. Unsere Grundüberzeugungen entspringen den christlich-jüdischen Wurzeln, dem Humanismus und der Aufklärung“, heißt es in der Präambel des Forums, die unserer Zeitung vorliegt. „Wir sind froh und dankbar, dass es nach der fast vollständigen Vernichtung durch die Nationalsozialisten wieder jüdisches Leben in Bayern gibt. Das Judentum in Bayern ist Teil unserer Leitkultur.“

Am Montag stellt zudem Ministerpräsident Markus Söder den neuen Antisemitismus-Beauftragten der Staatsregierung offiziell vor. Das Amt bekommt der zuvor als Kultusminister nicht wiederberufene Ludwig Spaenle.  cd

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