Nach ein paar Tagen Debatte über die Polizeiliche Kriminalstatistik setzt sich eine bizarre Fehldeutung fest: Hey, alles super im Land, wenn nur der Bürger nicht so ein Angsthase wäre. Sind doch die Fallzahlen insgesamt gesunken, ist doch die Gewaltkriminalität nur ein klitzekleines bisschen gegenüber 2013, 2014, 2015 gestiegen. Manch politisch motivierter Tagträumer schließt daraus, dass man unter alle Diskussionen über rechtsfreie Räume oder das Staatsversagen in der Migrationspolitik jetzt elegant einen Strich ziehen könnte.
Das ist falsch. Und politisch töricht. Die „Stellt euch nicht so an“-Attitüde treibt sich unverstanden fühlende Wähler an den rechten Rand und darüber hinaus. Natürlich steckt Positives in den Daten, etwa, dass der Staat die Einbruchskriminalität endlich eindämmt. Auch kooperieren die Behörden inzwischen besser. Die wichtigere Erkenntnis liegt aber auf der Straße, nicht in der Statistik: Die Fallzahlen und das Sicherheitsgefühl der Menschen klaffen auseinander. Das hat viele Ursachen, von der aufgeheizten Stimmung bis zum Aufsehen, das spektakuläre Einzeltaten – Vergewaltigungen, Morde, Messerattacken – erregten. Und, ja, auch manche Medien tragen Mitverantwortung durch teils überaufgeregte Berichterstattung.
Helfen können gegen das Unsicherheitsgefühl stärkere Polizeipräsenz (auf der Straße statt in den Amtsstuben) und dosierte Härte des Staates – auch mit demonstrativen Einsätzen an echten oder medialen Brennpunkten wie dem Münchner Hauptbahnhof oder in Ellwangen. Auf die 2017er-Kriminalstatistik mit Wattebäuschchen-Politik zu reagieren, wäre ein fataler Fehler.
Christian Deutschländer
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