Katholikentag in Münster

Friedenssuche ist ganz schön mühsam

von Redaktion

Von Claudia Möllers

Münster – Joachim Herrmann weiß, was von ihm erwartet wird. Die Katholikentagsbesucher, die ins Fürstenberghaus im Schatten des St. Paulus-Doms in Münster gekommen sind, wollen wissen, wie er den Kreuzerlass seines Ministerpräsidenten Markus Söder rechtfertigt. Gleich zu Beginn stellt er klar, dass er die Vorlage für diesen in ganz Deutschland leidenschaftlich diskutierten Beschluss erarbeitet hat. „Ich bin davon überzeugt: In der Kabinettsvorlage kann man nichts Falsches finden.“ Auch verfassungsrechtlich nicht.

Gleichwohl scheint dem Katholiken Hermann die Form der Präsentation durch seinen Regierungschef nicht so gut gefallen zu haben: Der Protestant Söder hatte vor Fotografen und Kameras publicityträchtig ein Kreuz in der Staatskanzlei angebracht. „Natürlich kann jeder seine Meinung über Inszenierungen oder dergleichen haben“, murmelt Herrmann. Aber dass das Kreuz seinen Platz haben soll in Bayerns Behörden, daran lässt er keinen Zweifel. „Unseren Werten soll mit dem Kreuz sichtbarer Ausdruck gegeben werden.“ Es solle eine Einladung an alle sein, Nächstenliebe und Menschenwürde zu leben. Herrmann betont, das Kreuz könne niemanden ausgrenzen, es sei kein nationales oder staatliches Symbol, auch kein bayerisches Symbol. Hinter dem Erlass stehe auch die Erwartung, dass die Religionen einander respektieren sollten. „Wir werden den Frieden nicht erreichen, wenn wir die Religion aus dem öffentlichen Raum verdrängen, sondern nur durch gegenseitigen Respekt.“ Das gelte auch für Neubürger.

Jouanna Hassoun, Vorstandsmitglied der Hilfsorganisation Transaidency und Muslimin, betonte, das Kreuz sei für sie ein selbstverständliches Symbol. Im Wahlkampf werde „unglaublich am rechten Rand gefischt“ und „extrem polarisiert“. In dieser Hinsicht störe sie die Debatte um das Kreuz, wenn auch nicht das Kreuz selbst.

Während beim Kreuzstreit die Meinungen gelassen ausgetauscht werden, schießen beim umstrittensten Podium des Katholikentags die Emotionen hoch: Bei einer Diskussion der kirchenpolitischen Sprecher der Bundestagsparteien kommt es zu Tumulten. Als auf einer Videoleinwand das Eingangsstatement des AfD-Vertreters Volker Münz auftaucht, stürmt eine Gruppe Demonstranten mit den Rufen „Suche Frieden, nicht die AfD“ und „Nazis raus“ in den Saal – AfD-ler aus dem Publikum brüllen „haut ab“. Doch das ZdK bekommt die Aktion schnell in den Griff. Nachdem die Demonstranten friedlich abgezogen sind, arbeiten sich die Politiker von CDU, SPD, Grünen und Linken an der AfD ab.

Sie konfrontieren Münz mit problematische Äußerungen anderer AfD-Mitglieder wie etwa Björn Höcke. Münz indes will für den nicht den Kopf hinhalten und beharrt darauf, die AfD wolle die christliche Kultur bewahren. Alle anderen Parteien hätten mit der Aufnahme von Flüchtlingen schwere Schuld auf sich geladen und die Kirchen gerierten sich als „politische Vorfeldorganisationen“. Das Publikum quittiert seine Aussagen mit Buh-Rufen. Eineinhalb Stunden wird heftig gestritten. „Wir werden keine Normalität der Positionen der AfD zulassen“, bringt es die SPD-Staatssekretärin im Sozialministerium, Kerstin Griese, auf den Punkt.

Der Katholikentag hat die Auseinandersetzung mit der AfD souverän gemeistert. Friedenssuche – nach dem Auftrag des Katholikentagsmotto – kann ganz schön anstrengend sein.

Artikel 2 von 11