Eine Große Koalition war früher mal, der Name deutet es an, etwas Großes. Die aktuelle Groko ist ein Schrumpelbündnis. Kaum noch die Hälfte der Stimmen vereinen Union und SPD gemeinsam auf sich. Und geht es um eine heikle Frage wie nun beim bundesweiten Aufbau der Ankerzentren, wird ihre Macht schon von den Landesregierungen gebrochen. Fast alle Länder verweigern sich offenbar dem im Koalitionsvertrag festgeschrieben Projekt, Asylverfahren in Zentren mit Residenzpflicht und gebündelten Behörden durchzuführen.
In einem föderalen Staat, wie wir ihn zurecht haben, steht den Landesregierungen dieses Recht zu. Politisch klug setzen sie es aber nicht ein: Der Wähler lernt daraus, dass weite Teile der Republik zu wenig aus der Behördenüberforderung (schärfer gesagt: dem Staatsversagen) bei den Rückführungen von Flüchtlingen ohne Bleiberecht gelernt haben. Das ist keine schöne Erkenntnis.
Ein Affront gegen Bundesinnenminister Horst Seehofer und seine polarisierende CSU? So ist es wohl gedacht. Der CSU, die bis Oktober all ihre Energie in den Landtagswahlkampf stecken wird, dürfte das allerdings am Ende recht egal sein. Wenn die Ankerzentren in Bayern funktionieren (vielleicht sogar: nur hier), ist das für Seehofer/Söder eine wunderbare Lösung. Die maue Rückführungsbilanz Bayerns wird das eher steigern.
Christian Deutschländer
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